Olga Kronsteiner,
Ikonen zum Vierten
Der österreichische Kunstmarkt nähert sich dem Saisonfinale. Der Großteil der heimischen Kunsthändler hat die jährliche Messe-Grandtour hinter und die Nachbearbeitung der am Wochenende in Wien zu Ende gegangenen Events vor sich. Eine kleine Fraktion pilgert dieser Tage noch Richtung Köln (Cologne Fine Art & Antiques, 16.-20.11.), eine größere an Sammlern und Kuratoren wiederum nach Wien, wo im Rahmen der soeben eröffneten Vienna Art Week (14.-20.11.) weit über 100 Veranstaltungen auf dem Programm stehen. Zeitlich perfekt getaktet, kann man zeitgleich bereits im Dorotheum die Schaustellung zur vierten Auktionswoche (21.-25.11.) des laufenden Geschäftsjahres durchstöbern.
Bonbondoserl für Jean Cocteau
Exakt 1862 Positionen der Sparten Juwelen, Armband- und Taschenuhren, Silber, Jugendstil und Kunsthandwerk des 20. Jahrhunderts, Design, Klassische Moderne und Zeitgenössische Kunst warten auf neue Besitzer. Die Bandbreite reicht von lokalen Lockvögelchen über das heimische Establishment bis zu internationalen Granden – also etwa von einer mit fuchsiafarbenen Rubinen besetzten Brosche aus dem Besitz von Katharina Schratt (30.000-50.000 Euro) über ein Bonbondoserl von Dagobert Peche für die Wiener Werkstätte (30.000-50.000) bis zu Zaha Hadids vier Meter langem Woush-Sofa (26.000-32.000).
Die mit Abstand gelungenste Mischung arrivierter österreichischer und internationaler Künstler findet sich in den Sparten Klassische Moderne und zeitgenössische Kunst: Hier treffen Gustav Klimt (Studie zu „Hoffnung I“, 40.000-50.000) und Erika Giovanna Klien (Kopf einer Tänzerin, 70.000-100.000) auf Amedeo Modigliani (Portrait Jean Cocteau, 60.000-80.000) und Giacomo Manzù (u.a. Cardinale seduto, 40.000-60.000) – oder Signalkunst der 1960er mit Ikonenstatus (Robert Indiana, „Love/Wall“, 90.000-120.000) auf russische Konzeptkunst (Ilya Kabakov, „Bei der Universität 1972“, 600.000-800.000 Euro).
Insgesamt sollte sich die letzte Auktionssause des Jahres – entsprechend der Bilanzen aus den Vorjahren – mit zumindest neun Millionen Euro zu Buche schlagen. Im Gegensatz zu den globalen Gepflogenheiten will das Dorotheum im Vorfeld von Auktionen die monetären Erwartungen neuerdings partout nicht beziffern. Das würde, war zu erfahren, ja doch nur zu Missinterpretationen führen. Gemeint ist der Abgleich zwischen dem erzielten Bruttoumsatz und die bislang bekannt gegebenen Summe der Schätzwerte (netto), die man vermutlich bei siebenstelligen Differenzen nicht in der Öffentlichkeit breit getreten wissen möchte.
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