Olga Kronsteiner,
Internationale Lockspeisen
Mit der dritten Auktionswoche (12. bis 14. Oktober) startet das Dorotheum die Herbstsaison 2010: Etwa 1.270 Kunstobjekte wollen den Besitzer wechseln.
17,3 Millionen Euro: Noch 2008 addierten sich auf diese Summe sämtliche in den ersten sechs Monaten bei Auktionen im Dorotheum verzeichneten Besitzerwechsel. Aktuell repräsentiert dieser Wert allein die untere Schätzwertsumme der rund 1.270 zum Verkauf stehenden Kunstwerke. Wie viel davon dann auch in die Bücher notiert werden kann ist fraglich und zunehmend vom Engagement der internationalen Bieterschaft abhängig.
Mit anderen Worten, nach dem Francken ist vor dem Francken, denn ein Sensationsergebnis (Mensch zwischen Tugend und Laster, April 2010, 7,02 Mio. Euro) macht – ungeachtet des vorläufigen Rekordtotals zum Halbjahr – noch keine historische Bilanz.
Ladenhüter trifft Sensationsanwärter
Die in acht Sparten (siehe Termine) zur Versteigerung gelangende Offerte ist deutlich mehr an der Nachfrage aus dem Ausland orientiert als bisher. Und das mit gutem Grund, hat sich die heimische Klientel doch mittlerweile zu einer Randgruppe entwickelt. Zeitgleich etablierte sich Österreich, respektive Wien, mehr und mehr zur bloßen Zwischenstation. Am Beispiel des Coverlots Gemälde des 19. Jahrhundert: Ferdinand Georg Waldmüllers „Kranzljungfer“.
Noch im Herbst 2009 tingelte das Werk für einen kolportierten Preis von etwa 500.000 Euro im Wiener Handel, blieb allerdings trotz des Prestigeauftritts im Zuge der großen Waldmüller-Retrospektive im Belvedere unverkauft. Die gegenwärtig von Dorotheums-Expertin Dimitra Reimüller verordnete Taxe beläuft sich auf 300.000-400.000 Euro und dient dem Vernehmen nach als Lockvogel für Interessenten aus Deutschland und Russland. Falls die die 1843 auf Holz gemalte Genreszene bei Sotheby’s in London übersehen haben sollten. Dort hatte es der Einbringer im Mai 2008 für umgerechnet rund 291.000 Euro erworben, womit der untere Schätzwert wohl als Limit angenommen werden darf.
Der viel versprechendste Anwärter auf einen Sensationszuschlag schlummert bei den Antiquitäten: Ein mitsamt Expertise des Präsidenten der Boulle-Gesellschaft Nérée Ronfort ausgestatteter achtarmiger Luster mit Delfine, der demnach um 1700 in der Werkstatt des legendärsten französischen Hofebenisten André Charles Boulle ausgeführt wurde. Eine Rarität, gelangten zuletzt selbst international lediglich „zugeschriebene“ Versionen auf den Markt. Und auch die werden teuer bezahlt: 2006 stieg eine solche bei Sotheby’s in London auf umgerechnet 1,14 Millionen Euro.
Für den Verkäufer würde aber bereits ein Zuschlag im Bereich der unteren Taxe von 600.000 (bis 800.000) Euro einen stattlichen Vermögenszuwachs bedeuten. Sein Wareneinsatz war ein vergleichsweise minimaler: 16.250 Euro hatte er im Oktober vergangenen Jahres dafür im Kinsky bewilligt, wo der Luster im Katalog als „prunkvoll, Frankreich um 1730“ bezeichnet worden war.
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