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Foire des Antiquaires: Auf nach Belgien

Auf diesen Besucher hätte die Foire des Antiquaires, Belgiens größte Kunst- und Antiquitätenmesse, vergangenes Jahr jedenfalls verzichten können: Kyrill kam am Tag der Vernissage und rüttelte dermaßen am Gebäude, einem ehemaligen Umschlagbahnhof, dass der Kunst und ihren Kommissionären Teile des Kunststoffdachs um die Ohren flogen. 35.000 Besucher ließen sich im vergangenen Jahr von diesem Auftakt aber nicht abschrecken. Vergleichsweise unspektakulär ging es anläßlich der 53. Auflage am 18. Jänner (bis 27. Jänner 2008) über die Bühne, keine Sturmböen, eine Brise Nieselregen, ansonsten Business-as-usual. Gegenüber anderen Kunstmessen mag die Messearchitektur gewöhnungsbedürftig sein, sie führt - über psychedelisch -gemusterte Auslegware - recht rigoros von einem zum anderen Ende der Halle. Das ist man sonst nur von Flughäfen gewohnt, der Vorteil aus Sicht der Aussteller, die Besucher passieren ziemlich sicher jedes (Präsentations)Gate. Lokaler Zuschnitt Der auffälligste Unterschied zu anderen Kunst- und Antiquitätenmessen liegt im Angebot der 131 Aussteller, derer 62 aus Belgien, 41 aus Frankreich, begleitet von 22 aus Deutschland, Spanien, Italien, Holland oder der Schweiz zugereisten. Im Gegensatz zu anderen etablierten Messeveranstaltungen findet - wie wohltuend - hier nicht das übliche Picasso-Warhol-Gursky-Gemetzel statt. Der Tradition wird hier in mehrerlei Hinsicht der Vorzug gegeben, zum einen den spezifischen Sammelgebieten des lokalen Marktes und seines kulturhistorischen Backgrounds, zum anderen in einer ausgewogenen Mischung. Der Hype auf Zeitgenössisches findet ohnedies woanders statt, hier stellt er gemeinsam mit der Sparte Fotografie gerade mal 8 Prozent, mit 7 Prozent liegt Kunst des Mittelalters knapp darunter. Mit 24 Prozent haben Gemälde, Skulpturen, Bronzen und Zeichnungen des 19. und 20. Jahrhunderts den höchsten Anteil, gefolgt von je zwölf Prozent bildender Kunst früherer Jahrhunderte und europäischer Möbel aus dem 18. Jahrhundert bis 1830. Daraus resultiert ein für mehrere Einkommensklassen realistischer Erschwinglichkeitsgrad, wie es vergleichbare Messen kaum noch bieten können. Und das, ganz ohne das Kriterium der Qualität außer Acht zu lassen. Für kleine & große Budgets Natürlich, auch in Brüssel kann man sich im sechsstelligen Bereich und darüber amüsieren: 1,4 Millionen Euro sind beispielsweise für eine lange Zeit verschollene Jahresfolge von Ludwig Rem bei der auf niederländische Kunst spezialisierten Florence de Voldère (Paris) veranschlagt. Kein Viertel dieses Budgets benötigt man für ein auf 212 x 220 cm Leinwand gebannten narrativen Bunt aus dem Jahr 1973 von Simon Hanta?, einem gebürtigern Ungarn und seit Mitte der 60er Jahre in Frankreich lebenden Künstler. Für 320.000 Euro darf man bei der Galerie Pascal Lansberg (Paris) damit das Werk des wichtigsten Vertreters der Strömung Support/Surface erwerben, die er um die Technik des (Leinwand-)Faltens bereicherte. Aus der jüngeren Generation weiß Flore de Brantes zu überzeugen, die mittlerweile in Brüssel ansässige Galeristin präsentiert einen Mix aus singulären Stücken französischer Tischlerkunst des 18. Jahrhunderts, flankiert von Design des 20. Jahrhunderts: Die preisliche Bandbreite reicht hier von 3.000 Euro für Jensen-Schmuck bis zu 18.000 Euro für einen Louis XV Kaminschirm mitsamt originalem Gobelin. Zwischen 8000 und 13.000 Euro bewegen sich die bei der Galerie Claude Bernard (Paris) erhältlichen autorisierten und signierten Abzüge Henri Cartier Bressons oder herrlich Humorvolles von Robert Doisneaux aus den 40er und 50er Jahren. Selbst in der Sektion Mittelalter wird man in kleineren Preisklassen fündig: 2.500 Euro kostet etwa ein in Spanien um 1500 ausgeführtes Element eines Kreuzfensters mit ornamentaler Schnitzerei bei Remco van Leeuwen Antiquair (Eindhoven). Fazit: Prädikat der Messe jedenfalls "sehenswert" - was man von der Brüsseler Innenstadt ja nicht zwangsläufig behaupten mag.
Mehr Texte von Olga Kronsteiner

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Foire des Antiquaires
18 - 27.01.2008

Tour & Taxis
1000 Bruxelles, avenue du Port 86 C/ B
http://www.brafa.art
Öffnungszeiten: 11 - 19h


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