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Housesale: Wenn der Fürstenbonus lockt

"Machen Sie doch weiter", merkte Lord Hindlip im Rahmen der Rothschild-Auktion 1999 an, "so etwas bekommen Sie nie wieder." Die Bieter nahmen es sich angesichts der noblen Provenienz zu Herzen und deponierten statt der erwarteten 30 Millionen, dann mehr als 87 Millionen Euro. Christies verkündete damit auch das beste Ergebnis für eine Einzelauktion in Europa. Davor hielt Sotheby`s den Rekord, mit der Versteigerung der Kunstschätze des Hauses Baden-Baden 1995 und 54 Millionen Euro. House-Sales Der Unterschied zwischen den beiden Auktionen? Die Rothschild-Session fand in London, die des Besitzes der Herzöge von Baden-Baden vor Ort statt. Letzterer Event fällt damit in die Kategorie House-Sale. Bei diesen Auktionen kommt das Inventar eines adeligen Hauses, vor Ort, also direkt auf einem hochherrschaftlichen Landsitz unter den Hammer. Und solche Auktionen haben Tradition, forciert werden sie seit den 70er Jahren. Besonders in England, gefolgt von Deutschland und Frankreich. Dort eben, wo die Anzahl der bewohnten Adelssitze den Aufwand rechtfertigt. Denn der Aufwand für die Auktionshäuser ist nicht unerheblich. Die gesamte Infrastruktur muss vor Ort aufgebaut werden, Telefonleitungen verlegt, Sanitäranlagen gemietet, Zelte aufgebaut und Bestuhlung herangeschafft. Einerlei, ob die Auktion einen Nachmittag oder drei Tage dauert. Aber der Aufwand lohnt, wie auch das legendäre Beispiel Thurn & Taxis belegt. Legendäre Events Sotheby`s streute 1993 innerhalb von sechs Tagen auf Schloss Emmeram in Regensburg jenen Teil der Fürstensammlung unters Publikum, den die junge Witwe zur Aufbesserung ihrer Finanzlage für entbehrlich hielt: 15,5 Millionen Euro lautete die Bilanz. Und es gab nachweislich einige Positionen, die wirklich weit jenseits des Marktwertes zugeschlagen wurden. Denn diese House-Sales tragen den Marketinggag in sich, weckt der Adelsbonus bei schnöden Küchenstühlen überdimensionierte Begehrlichkeiten. Immer wieder, wie das jüngste Beispiel belegt: Am 18. Juli veranstaltete Sotheby`s in Frankreich den ersten House-Sale, der sich schwerpunktmäßig dem 20. Jahrhundert verschrieben hatte. In Vence, nahe der Côte dAzur, gelangte die Sammlung des Galeristenehepaares Nahon unter den Hammer (Umsatz 9 Mio Eur). Standesgemäß hatten Marianne und Pierre ein paar Jahre im Schloss Notre-Dame des Fleurs in Vence residiert. Das Gemisch von Stammeskunst, Design und Jugendstil-Möbeln, Gemälden und den riesigen, im weitläufigen Park des Anwesens verteilten Skulpturen der Neuen Realisten gefiel. Neben dem einen oder anderen Rekord - etwa für La Vie en Rose, eine der legendären Nanas von Niki de Saint-Phalle. Das Einzelstück aus dem Jahr 1968, der besten Periode der 2002 verstorbenen Bildhauerin, wechselte für 411.200 Euro den Besitzer. Demgegenüber standen und stehen - aus der Sicht des seriösen Marktes - irrationale Zuschläge. Stühle, die in London für 6000 Euro den Besitzer wechseln, wurden in Vence für 14 000 Euro zugeschlagen. Aber selbst der eifrig engagierte Handel weiß, da lassen sich noch Folgegeschäfte machen. Und während Sotheby`s in erster Linie auf die Provenienz Wert legt, zählen bei Christie`s die Geschichte dahinter ebenso wie die Qualität der Objekte. Unter 500.000 Euro Gesamtschätzung wird erst gar kein Event vermarktet. Auf vier Millionen Euro beliefen sich dieserart die Schätzungen der vom 10. bis 12. Mai im belgischen Kasteel van s`-Gravenwezel abgehaltenen Versteigerung der Sammlung des Galeristen Axel Verwoordt. Die mehr als 1000 in zwanzig Räumen verteilten Objekte wechselten für 5,9 Millionen Euro den Besitzer.
Mehr Texte von Olga Kronsteiner

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