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Vom Stammtisch in digitale Welten

„Let’s Talk About Art“ steht auf einer Fahne, die hoch über Bad Gastein auf der Windischgrätzhöhe das Motto vorgibt für die diesjährige Sommer.Frische.Kunst, die zum 14. Mal Urlaub in den Bergen mit internationaler Kunst verbindet. Das Festival begann (auch schon fast als Tradition) mit der dritten Ausgabe der Boutique-Kunstmesse „Art Bad Gastein“ (⤇ hier geht es zu unserer Messekritik und den Videointerviews mit Galerist:innen).

Die 70 Quadratmeter große Fahne auf der Windischgrätzhöhe, geschaffen vom italienischen Künstler Maurizio Nannucci ist Teil des bislang flächenmäßig größten und internationalsten Projektes der Sommerfrische. Das Museum in Progress hat aus seinem Projekt „Raising Flags“ mehr als 40 Fahnen, gestaltet von 26 Künstler:innen, nach Bad Gastein gebracht, die im gesamten Ortsgebiet installiert wurden. Am prominentesten, direkt auf der Brücke über dem Gasteiner Wasserfall, flattern Erwin Wurms vier „four letter words“ im Wind der Gischt der vom rauschenden Wasser aufsteigt: LIFE, DEEP, DOPE, HOPE. Pablo Chiereghin wagte mit einer weißen Fahne im Schlepptau den Flug mit dem Flying Fox über die Schlucht unterhalb des Wasserfalls, wo man im Kraftwerk zur Kunstmesse die zum Projekt gehörenden Editionen erwerben konnte (was über die ⤇ Website von Museum in Progress weiterhin möglich ist). Weitere beteiligte Künstlerinnen und Künstler von Raising Flags“ sind u.a. aus Österreich Eva Schlegel, Peter Kogler und Martha Jungwirth, aus Deutschland Herbert Bayrle und Olaf Nicolai, die Mexikanerin Minerva Cuevas, Samson Kambalu aus Mali und aus Indien Shilpa Gupta.

Ganz auf die Region bezogen ist hingegen das Projekt von Alpine Gothic. Das Kollektiv, gegründet 2009 von Christina Breitfuß, Erik Hable und Wolfgang Wirth, hat zu Beginn dieses Jahres das partizipartive Projekt „Stammtisch für Alle“ entwickelt und war damit zu Gast im Traklhaus in Salzburg. Die Idee, den Menschen einen konsumfreien und einfach erreichbaren Platz zum offenen Diskutieren lokaler Themen anzubieten, wurde auch im Kraftwerk von der Bevölkerung gerne angenommen. So nebenbei konnte man im Gespräch mit den Künstler:innen auch lernen, wie man aus Birkenzweigen kleine Edelweiß schnitzt.

Auf der Straße über dem alten Kraftwerk existiert seit einigen Jahren ein hoher Bretterzaun vor der Ruine des ehemaligen Hotel Mirabell - die ideale Bildfläche für den US-Amerikaner Hyland Mather der als Street Artist The Lost Object seine sehr eigene künstlerische Sprache entwickelt hat. Seine gerne großformatigen Arbeiten stellt er aus gefundenen Objekten, meist Holzelementen her, die er mit gespannten Fäden oder Schnüren und monochromen Farbflächen kombiniert. Für Bad Gastein hat er Fundstücke - von der Europalette bis zum verwitterten Brett – zum Bretterzaun geschleppt und zu einer Assemblage kombiniert, die nun Wind und Wetter ausgesetzt, eine langsame, kontinuierliche Veränderung erfahren soll.

Folgt man der unweit von Mathers Arbeit beginnenden Kaiser Wilhelm-Promenade, so gelangt man in wenigen Minuten zum Radon Pavillon, der ebenfalls für Ausstellungen im Rahmen der Sommer.Frische.Kunst genutzt wird. Dort breitet die deutsche Fotografin Alexandra Lier ihre unwirklichen Versionen von US-Amerikanischen Landschaften und Architekturen aus. Lier hat sich unter anderem mit Motorsportfotografie der etwas anderen Art einen Namen gemacht. Sie hat die auf Speed getrimmten Autos und Motorräder auf dem Bonneville Salzsee in Utah fotografiert, die verrückten Fahrzeuge beim Burning Man Festival und vielen Protagonisten der amerikanischen Autokultur ein fotografisches Denkmal gesetzt. Nun ist sie von den klimaschädlichen Vehikeln der Benzinbrüder in die digitale Welt der künstlichen Intelligenz gewechselt. Die Basis ihrer fantastischen Kreationen bilden dabei immer reale Fotografien, die sie mit den entsprechenden Prompts zu surrealen Pensionist:innen in einem pastell-getönten Palm Springs umformt oder die Ruine eines alten Diners am Highway mit einer absurden Donut-Blumenskulptur behübscht.

Bad Gastein benötigt diese Form der „Erneuerung“ nicht, denn die alten Hotels, die lange Jahre neben dem Wasserfall vor sich hin gammelten, sind renoviert und neu eröffnet. Mit Kunst, Kultur und weiteren Initiativen kehren die Gäste zurück in den Kurort. Die Sommer.Frische.Kunst hat in den vergangenen Jahren ihren Beitrag dazu geleistet. Im Jahr 2025 steht das 15-jährige Jubiläum auf dem Programm und Initiatorin Andrea von Goetz und Mitstreiter Ike Ikrath wollen sich dazu etwas Besonderes einfallen lassen. Wir sind gespannt.

⤇ Zur Sommer.Frische.Kunst Website

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Am Wochenende 27. & 28. Juli starten die Masterclasses. Zehn Kunst-Studierende aus Wien und München werden bis zum 31. August in den Ateliers im alten Kraftwerk arbeiten. Das artmagazine wird demnächst darüber berichten.

Mehr Texte von Werner Remm

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