Olga Kronsteiner,
(Markt)Objekt der Woche: Stillleben als historisches Dokument
Im Mittelpunkt des im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts vom französischen Maler Meiffren Comte (1630-1705) geschaffenen Stilllebens steht eine hochbarockes Prunkgefäß. Die silberne im schweren, luxuriösen Stil des "Grand Siécle" gehaltene Kanne entstand vermutlich in einer der mehr als einhundert im Paris dieser Zeit ansässigen Hofwerkstätten. Die Herstellung war aufwändig: der Henkel wurde gegossen, hingegen hatte man Korpus und Fuß eines solchen Pokals jeweils separat aus einem Stück Silber zu treiben. Während dieses Vorgangs musste man das Werkstück immer wieder erhitzen, um die durch das Treiben entstehende Spannung auszugleichen. Dann wurden die Teile zusammengelötet. Noch vor der Fertigstellung des Pokals wurden Stempel angebracht: von der Zunft, um Qualität zu garantieren, von der Regierung, um die Steuer einzuheben.
Wie später in Österreich auch, forderten Kriege in Frankreich ihr Tribut. Als Ludwig XIV. das kriegerische Glück im Spanischen Erbfolgekrieg verließ, mussten alle Silberschätze eingeschmolzen werden, um die Armeen zu bezahlen. Deshalb ist französisches Silber dieser Epoche besonders rar und dieser Prunkpokal würde heute ein Vielfaches dessen kosten, was für das Bild veranschlagt ist. Das 90 x 73 cm große Stillleben gelangte vergangene Woche im Rahmen der Auktion Alter Meister zur Versteigerung; das unverkauft gebliebene historische Dokument kann nun im Nachverkauf erworben werden, Verhandlungsbasis dürfte der mit 14.000 Euro recht moderat angesetzte untere Schätzwert sein.
Mehr Texte von Olga Kronsteiner