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Oliver Laric: Digitale Metamorphosen

3D-Scans von historischen Skulpturen und Artefakten, die zum kostenlosen Download zur Verfügung stehen: Das könnte man in Zeiten wie diesen auch für das besonders einfallsreiche Angebot eines jener Museen und Ausstellungshäuser halten, die während der Corona-bedingten Schließung ihre digitalen Aktivitäten verstärkt haben. Die Pandemie hat bekanntlich auch im Kunstbetrieb einen Digitalisierungsschub gebracht. Mit den Arbeiten des in Berlin lebenden österreichischen Künstlers Oliver Laric hat das aber auch insofern wenig zu tun, als dass das Museum als Hort von Kunstschätzen bei ihm bloß noch in den Credits vorkommt.

Die Kunstschätze, oder vielmehr ihre digitale Daten, überantwortet Laric über die Website threedscans.com in einer Art „demokratischem“ Akt der digitalen Gesellschaft. Und überführt sie selbst – unter anderem mittels 3D-Druck – auch zurück ins Analoge: So ist in den letzten Jahren eine Reihe von Kopien antiker Jünglinge, Tierplastiken oder Personendenkmäler aus verschiedenen Jahrhunderten entstanden. Den in der Kunst nicht erst seit gestern gestellten Fragen zu Aneignung, Original und Autorenschaft fügt Laric damit allein wenig Wesentliches hinzu. Es sind, wie jetzt bei Widauer zu sehen, die kleinen, fast unmerklichen Verschiebungen, die die Fährte auf eine ungleich spannendere Ebene legen, nämlich die von digitalen und analogen Wirklichkeitskonstruktionen. Laric hinterfragt sie gern anhand ikonografischer Darstellungen wie dem abgeschlagenen Haupt von Johannes dem Täufer, dessen Gesichtszüge er in einer aus Kunstharz gegossenen Version der Johannesschüssel aus dem Berliner Bode-Museum verschwimmen lässt. In einem digitalen Print wiederum beraubt er das von Peter Vischer d. Ä. nach einem Entwurf von Albrecht Dürer in Bronze gegossene Standbild von Theoderich aus der Innsbrucker Hofkirche seines Schwerts. Was gefühlt dazu führt, dass der Gotenkönig ein wenig desperater unter seinem leicht verrutschten Helm hervorschaut als sonst.

Auf dem Weg vom Analogen ins Digitale und zurück vollziehen sich auch andere Metamorphosen. In zwei Animationsfilmen, für die der gebürtige Innsbrucker Laric kürzlich mit dem RLB-Kunstpreis ausgezeichnet wurde (--> das artmagazine berichtete), sind die Verwandlungen fließend, aus Pflanzen wachsen menschliche Hände, ein Frosch formt sich zum Tisch, Ameisen, Comicfiguren und historische Skulpturen gehen als fluide Formen ineinander über. Man könnte das auch als Antwort auf den digitalen Bilderfluss sehen, in dem sich Grenzen und Hierarchien zunehmend auflösen.

Mehr Texte von Ivona Jelčić

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Oliver Laric
26.05 - 04.09.2020

Galerie Johann Widauer
6020 Innsbruck, Erlerstraße 13
Tel: +43/512/583848, +43/664/4330550
Email: office@galeriewidauer.com
https://galeriewidauer.com/
Öffnungszeiten: Di-Do 14-16, Fr 9-13 h


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