Olga Kronsteiner,
(Markt)Objekt der Woche: Selbstporträt von Frida Kahlo
Die Gymnasiastin Frida Kahlo (1907-1954) wird 1925 bei einem Verkehrsunfall in Mexiko-Stadt schwer verletzt. Monatelang muss sie das Bett hüten. Für eine unternehmungslustige Achtzehnjährige ist das besonders quälend. Verzweifelt sucht sie nach einer Beschäftigung und kommt auf die Idee, es mit Malen zu probieren. Die Mutter lässt ihr eine Staffelei für das Bett anfertigen, damit sie es auf dem Rücken liegend versuchen kann. Frida bleibt bei der Malerei, auch, als sie mit Hilfe eines Spezialkorsetts wieder laufen darf. Drei Jahre später bittet sie den berühmten mexikanischen Maler Diego Rivera, ihr Talent zu beurteilen. Er ist begeistert, nicht nur von ihrer Malerei. 1929 heiraten die beiden.
Während sich Frida Anfangs einer "sanften" Malerei widmet, die durch Blumen und Vögel bestimmt war, ändert sich ihr Stil aus der Konfrontation mit Rivera heraus zunehmend. Vor allem die zahlreichen Affären ihres Mannes verarbeitet die junge Künstlerin in der Malerei. 1935 entdeckt sie, dass Rivera ein Verhältnis mit ihrer Lieblingsschwester Christina unterhält. Sie verlässt ihn vorübergehend, schneidet sich aus Trotz die von ihrem untreuen Ehemann so vergötterte Haartracht und legt die traditionelle mexikanische Tracht ab. Im selben Jahr entstanden (auch wegen gesundheitlichen Problemen) nur zwei Bilder - dieses Selbstporträt mit kurzen Haaren ist eines davon. Das auf 1,5 bis 2 Millionen US-Dollar geschätzte kleine Gemälde (18,2 x 15,2 cm), das am 18. November bei Christies (New York) im Rahmen der Auktion "Latin American Art" versteigert wird, markiert eine stilistische Wende. Fortan dominierten in ihren Arbeiten Blut, Leiden, Selbstverstümmelung, Selbstmord und Tod - oder wie es der Surrealist André Breton formulierte "Bomben in Geschenksverpackung".
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