Linda Christanell - Picture Again: Stillleben mit Schuh
Zu den erfreulichen Erscheinungen der letzten zehn, fünfzehn Jahren zählt die Tatsache, dass das Werk von Künstlerinnen im fortgeschrittenen Alter ausgegraben und breit platziert wird: Renate Bertlmann, Martha Jungwirth, Margot Pilz, um nur einige österreichische Positionen zu nennen. Auch Linda Christanell, geboren 1939, zählt zu jenen, deren Werk lange Zeit zu Unrecht wenig gewürdigt wurde. Ihre Arbeiten sind momentan nicht nur in der überaus sehenswerten Schau „Woman. Feministische Avantgarde der 1970er-Jahre aus der Sammlung Verbund“ im Mumok zu sehen, sondern auch in einer Einzelpräsentation des 21er-Hauses.
Im Erdgeschoss, im Blickle-Kino, gibt ein Screening Einblicke in die früheren Experimentalfilme Christanells, die bisher eher als Filmemacherin bekannt war: Schmuckstücke, Schuhe und Selbstporträts arrangiert sie da zu rhythmischen Stillleben, demonstriert und ironisiert die Konstruktion von Weiblichkeit – ganz im Stil des lange Zeit sehr fruchtbaren österreichischen Avantgardefilms.
Doch das Hauptaugenmerk der von Harald Krejci kuratierten Ausstellung liegt auf Christanells Objekten, Fotografien, Zeichnungen und Texten der letzten 50 Jahre: Daraus komponierte sie eine streng arrangierte Installation, durch die sich ihre feministische Haltung wie ein roter Faden zieht. Während manche der Arbeiten aus den 1970er- und 80er-Jahren – fetischartige Textilobjekte, die teils an Voodoo-Zauber erinnern und von denen sie manche auch in Performances verwendete – rückblickend betrachtet dem damaligen künstlerischen Zeitgeist entsprechen, erscheint das Frühwerk aus den 1960er-Jahren eigenwilliger: Abstrahierte Genitalien beider Geschlechter vereinen sich zu fröhlichen Kartonobjekten, lange bevor der Begriff „queer“ in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen war. Diese Arbeiten, so erzählt Krejci, wurden bisher noch nie ausgestellt. Wieder einmal zeigt sich: Die Wiederentdeckung der großen alten Damen ist noch lange nicht an ihrem Ende angelangt.

22.06 - 10.09.2017
Belvedere 21
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