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Wasserfallkunst

Sie kamen wegen des Goldes schon vor 700 Jahren, wegen der Thermalquellen kam Friedrich III., der den Ruf als (Heil-)bad vor 600 Jahren begründete und dann, etwa ab 1850, kamen sie wegen der mondänen Kurhotels, mit politischen Absichten oder zum Radon-haltigen Heilstollen in den Hotspot Bad Gastein. Nicht, dass speziell Kaiser hier ein erquickendes Refugium fanden – Wilhelm I., Franz Josef I. und Fürst Bismarck werden besonders gern und quasi in einem Atemzug erwähnt – auch Größen wie Albert Einstein, Literaten, Maler, Musiker, Filmgrößen und SchauspielerInnen, sprich Künstler aller Sparten, verliebten sich gleichermaßen in diesen Ort mit der spektakulären Kulisse rund um den tosenden Wasserfall. ...und 2016 bezogen bereits zum 7. Mal sechs geladene Artists in Residence ihre Ateliers im Kraftwerk am Wasserfall als fixer Bestandteil des Programms von sommer.frische.kunst, das noch weitere Ausstellungen umfasst. Das Projekt insgesamt ist der Sieg einer Idee, geboren aus der speziellen Stimmung des Ortes, dem Gerangel zwischen (grandioser) Vergangenheit und (zukunftsfähiger) Gegenwart – angesichts einer nicht zu übersehenden Morbidität der Architektur im innersten Stadtkern, die aber durchaus schon wieder eine insgeheime Attraktivität hat, einen Verfalls-Voyeurismus bedient – und für AIR-KünstlerInnen wiederholt anregend wirkt(e), sich dokumentarisch zu betätigen oder einzelne Elemente zu exzerpieren und transformieren. Diesmal griff etwa Alexandra Baumgartner den mehrstöckigen Luster der Eingangshalle des (ehemaligen) Grand Hotel de l’Europe für eine Fotoinstallation heraus. Sie stellt den Luster im Bild auf den Kopf, lässt ihn sich aber in einem Spiegel auf dem Boden wieder zurückspiegeln. Die Dänin Margriet van Weenen kombiniert diverse Fundstücke rund um ein Thema, kontextualisiert sie neu und erzählt so neue, fiktive Geschichten. Ihr Residency-Atelier weist einen markanten Wandriss auf, den sie ganz natürlich in ihre Installation einbezieht. Neben den durchkomponierten surrealistischen grafischen bzw. malerischen Collagen des Stockholmer Künstlers Love Lundall steht wie beiläufig und doch klar inszeniert ein Tisch mit allerlei alten Postkarten, Druckplatten, Papierbündeln, Probedrucken: Der noch nicht näher identifizierte Fund im Wald am Vortag, allerlei frühere Ansichten von Bad Gastein... Für die Ausstellung im Pavillon konnte Initiatorin und Kuratorin Andrea von Götz in Zusammenarbeit mit der Berliner Galerie König Jorinde Voigt gewinnen. Gezeigt werden neuere Werkgruppen und aktuellste großformatige Arbeiten, in denen sie zwischen gestischen Grundentwürfen, feingliedrigen Strichführungen und flächigem Farbauftrag ein Referenznetz bildet, das durch schriftliche Konnotationen präzisierend ergänzt wird. Als Dernier Cri darf der Einsatz von schwarzen Federn gesehen werden, flächig-schuppig im Bild eingesetzt bewirkt dies fein changierende Lichteffekte. Es lässt einen an Jan Fabre’s grün-schillernde Käferpanzer denken, nur viel abstrakt-kühler, cooler, dezenter. Zum Gesamtprogramm 2016 gehören noch die Open Air Foto-Installationen von Lars Langemeier, der einzelne Designer-Teppiche von Jan Kath in außergewöhnlichen Ambientes platziert und Jeppe Heins Modified Social Bench im Quellpark. Weiters präsentiert die Fotokünstlerin Franziska Stünkel im Kraftwerk am Wasserfall ihre Reflexionen, die sie an verschiedenen Orten / Kontinenten – und nun auch in Bad Gastein – eingefangen hat. Im Atelier an der Promenade zeigt Katrin Kampmann ihre „Wanderausstellung“, aquarellhaft eingefangene Gebirgs-Impressionen „in Rückenbreite“, die während einer Bergwanderung 2011 entstanden sind und in den Hütten Kurzpräsentationen erfuhren, die ihrerseits dokumentiert wurden. Beide Künstlerinnen halten auch Kurse ihres Genres im Rahmen der sommer.frische-Akademie ab. Diese Gelegenheit sollte man nützen, denn wie war das gleich noch? Man spricht dem Ort geopsychische Qualitäten dahingehend zu, kreativitätsfördernd zu sein. -- Sommer.frische.kunst Bad Gastein www.sommerfrischekunst.de Ausstellung in der Kunstresidenz / Kraftwerk am Wasserfall 29. 7. Bis 30. 8. 2016
Mehr Texte von Aurelia Jurtschitsch

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