Nina Schedlmayer,
Michael Kienzer - Die letzten Dinge: Minimalverschiebungen
Vielen fällt es wahrscheinlich nicht einmal auf, wenn sie durch die Wiener Gumpendorferstraße gehen. Eine Telefonzelle liegt da seit einigen Jahren horizontal über zwei anderen. Ein minimaler Eingriff, ein Witz, der einen hinterrücks überfällt.
Michael Kienzers Strategie ist die der Verschiebung. Mal fehlt was, mal wird etwas ersetzt, mal ist etwas anders zusammengefügt, als man das gewohnt ist. Wenn Kienzer etwa in der Galerie Lendl bei seinem "Tor" etwas Essentielles, nämlich die Wand weglässt, dann verweist er nicht nur auf die Problematik der Grenzziehung, sondern zielt auch auf ein Bewusstmachen von alltäglicher Wahrnehmung. Wenn er aus einer Altherrentasche das Futter herauszieht, verlängert und innen ausstopft, dann ist die Veränderung eine winzige: Was innen war, ist außen, und was außen war, ist innen. Ähnlich die Arbeiten, bei denen mehrere Glasplatten bemalt wurden und übereinander montiert oder mit Klebeband umwickelt, oder die "Teppichzeichnung", bei der sich die Zeichnung dadurch ergibt, dass sich die Ausrichtung der Fäden durch einfaches Drüberstreichen geändert hat.
In der "Kathedrale" sind an Stelle der Bremer Stadtmusikanten deren Behausungen respektive Gefängnisse gesetzt, aus kühlem Alu analog zu deren vierköpfigen Tier-Turm übereinandergestellt - die möglichen Zugänge sind vielfältig: Da gibt es die Parallelen zu Hochhausarchitektur, die Verhältnisse zwischen Kirche und Macht, wenn man ganz banal möchte, die Massentierhaltung (aber so banal möchten wir es dann vielleicht doch nicht). Und sicher gibt es irgendwo noch einen linguistischen Ansatz, von wegen Metapher und Metonymie.
Die Qualität von Kienzers Arbeiten liegt in der Tatsache, dass seine kleinen Verschiebungen so intelligent gesetzt sind, dass sie an existentielle, auch kunstimmanente Fragestellungen rühren. Sein straightes Understatement kommt oft in Verbindung mit einem lapidar-hintergründigen Humor daher, nicht ganz unverwandt den Arbeiten eines Lucio Fontana oder - ja, warum nicht? - Marcel Duchamp. Einfach sophisticated.
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Michael Kienzer - Die letzten Dinge
26.04 - 24.05.2003
Galerie Eugen Lendl
8010 Graz, Bürgergasse 4/I
Tel: +43 - 316 - 82 55 14, Fax: +43 - 316 - 82 55 144
Email: info@eugenlendl.com
http://www.eugenlendl.com
Öffnungszeiten: Di-Fr 14-19, Sa 10-13 h
26.04 - 24.05.2003
Galerie Eugen Lendl
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Tel: +43 - 316 - 82 55 14, Fax: +43 - 316 - 82 55 144
Email: info@eugenlendl.com
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Öffnungszeiten: Di-Fr 14-19, Sa 10-13 h