Andrea Winklbauer,
Was ewig schien
"Kein Zurück" ist ein nachdenklicher Song. Er handelt von der zwangsläufigen Bedeutung jeder einzelnen Handlung für den Fortgang eines Lebens: "Was jetzt ist, wird nie mehr ungeschehen." Der Clip dazu gehört zur höchstentwickelten Sorte seines Genres. Weder zeigt er das Duo Wolfsheim bei der Performance ihres Songs, noch bebildert er einfach nur den Text. Als eigenständiger Mini-Spielfilm erzählt er eine verstörende Geschichte.
Zu sehen ist eine junge Frau, dargestellt durch die Schauspielerin Esther Zimmering. In einen weißen Kittel gekleidet, läuft sie durch die hellen Gänge einer Wäscherei. Sie hat es eilig, ist ungeschickt, stößt immer wieder irgendwo an, wirft etwas um, ist nicht ganz bei sich. Bald merkt man: Sie wird verfolgt. Der Text erklärt: "Ein Wort zuviel im Zorn gesagt, ein Schritt zu weit nach vorn gewagt, schon ist es vorbei."
Kurz nachdenklich, stürzt sie sich ins Arbeiten, nur um gleich darauf von einer Truppe von Sicherheits-Leuten in Uniform eingeholt und weggezerrt zu werden. Sie reißt sich los, läuft davon, blockiert den Weg hinter sich, läuft wieder durch Gänge, sucht einen Ausweg, findet nur versperrten Türen vor. Die Kamera ist immer nahe an ihr dran, an ihrem fragilen, jungen Gesicht, ihrer Unsicherheit. Schließlich eingeholt, wird sie zu ihrem Spind gebracht, muss sich umziehen und rennt aus dem Gebäude. Antworten auf das Woher und das Wohin bleibt der Clip uns schuldig.
Was "Kein Zurück" so besonders macht, ist die Art, wie Regisseur Detlev Buck die einzelnen Elemente zueinander in Beziehung setzt. Dem melancholischen Text trotzt im Clip ein Individuum, das aufbegehrt. Dagegen entsprechen die kühlen und geheimnisvollen Bilder der elegischen Musik. Am schönsten ist, dass Wolfsheim in mehreren Rollen zu sehen sind: Immer wieder läuft die junge Frau an Peter Heppner und Markus Reinhardt vorbei, doch die beiden bleiben stumm. Wie nicht von dieser Welt verkörpern sie im visuellen Format des Clips die abgeklärte Poesie von Text und Musik: "Was ewig schien, ist schon Vergangenheit". Detlev Buck gelingt damit ein seltenes Kunststück: Er überwindet die Grenzen zwischen Song und Film.
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