Werbung
,

Sieh nicht hin!

Da kursiert ein Gerücht: Es gibt so ein Video. Wenn du es dir anschaust, kriegst du einen Anruf und eine Frau sagt, sieben Tage später wirst du tot sein. Und sieben Tage später ... bist du tot. Vier Teenager sterben zu exakt derselben Zeit. Die Tante einer der Toten recherchiert. Sie stößt auf das Video, sieht es an, erhält den Anruf... Was dann folgt, ist intelligenter Horror made in Hollywood, der eigentlich das Remake eines japanischen Horrorfilms ist. Streng genommen stimmt "Ring" sogar in vielen Zügen fast genau mit dem sehr gelobten japanischen "Ringu" (1998) überein. Trotzdem gibt es Unterschiede, die das Remake rechtfertigen. Da sind einmal sehr stimmige Details, mit deren Hilfe die ursprünglich karg erzählte Handlung im Crossover ausgeschmückt und westlichen Bildern und Mythen angeglichen wird. Vielleicht ist es aber auch der westlichen Tradition der Aufklärung zu verdanken, dass nur im Remake nachgefragt wird, wie das tödliche Video ohne Kamera entstehen konnte? Dieser Teil erinnert an die wissenschaftliche Diskussion um das nicht gemalte Abbild eines Menschen auf dem sogenannten Grabtuch von Turin. Sehr schön und um einiges länger als im Original ist das tödliche Video. Die Vorbilder dafür sind in den frühen Filmen von Bunuel und Dalí zu finden. Es hat schon Methode, wie die von der Traumdeutung Freuds inspirierten gestalterischen Mittel des surrealistischen Kinos in einem konventionellen Erzählfilm zur Darstellung des Unheimlichen, Angsteinflößenden herangezogen werden, denn bald wird klar: Es sind Bilder aus einem kranken Kopf, die dem Betrachter zunächst Angst machen und ihn dann buchstäblich umbringen. Das ist zugleich der spannendeste Aspekt von "Ring": Es gibt Bilder, die zu gefährlich sind, um angesehen zu werden. Darin steckt eine Menge Medienkritik - im Film durch einen traurigen Blick der Rechercheurin verbildlicht, die zusieht, wie bei allen Nachbarn bloß harmloser Zeichentrick über den Bildschirm flimmert. So wie Perseus die Medusa besiegte, indem er ihr einen Spiegel vorhielt, gibt es auch in "Ring" einen Ausweg, doch der hat seinen Preis. Aber das ist das Schöne an diesem Plot: Von Katharsis keine Spur, eine Erlösung gibt es nicht. The Ring, USA/ Japan 2002, 115 min. Regie: Gore Verbinski Filmstart: 14.2.03 www.ring-themovie.com/the_ring/ring_film.html
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: