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Günter Brus – Franz Graf: Im Gegenlicht: Erhellender Diskurs

Günter Brus und Franz Graf, zwei ausgeprägte Künstlerpersönlichkeiten der österreichischen Gegenwartskunst, gelten beide als große Zeichner mit unverwechselbarer Handschrift. Die eigentliche Intention von Joanneum-Direktor Peter Pakesch und Kurator Roman Grabner, eine Zusammenarbeit von Günter Brus und Franz Graf anzuregen, war durch äußere Umstände leider nicht realisierbar. Aber vielleicht war genau diese Konstellation das Ausschlaggebende für das stimulierende Resultat. Ein Querschnitt durch das Oeuvre von Günter Brus ist thematisch aufgefächert, den Franz Graf mit sehr neuen Arbeiten installativ durchdringt. Er spannte seine Gemälde mit figuraler, skriptoraler oder ornamentaler Darstellung in Gerüststangen oder ausgediente Fitnessgeräten. Sie besetzen den Raum mit düsterer Signifikanz und stehen als komplementärer Gegenpart zu den historischen Exponaten von Brus an den Wänden, seinen Zeichnungen, frühen informellen Malereien, Fotos seiner Aktionen und den „Bilddichtungen“. In dieser Zusammenarbeit, die fast schicksalshaft keine solche werden konnte, entstanden keine heterogenen Zusammenklänge innerhalb einzelner Werke, sondern ein vibrierender Diskurs im Raum. In dem intensiven Gegenüber der beiden künstlerischen Positionen entwickelt sich eine Art Dialog. Er führt fast sinnbildlich mit der „Absichtsskizze“ Brus’ in die Ausstellung ein, konkretisiert sich auf dem ansteigenden Terrain des schmalen Ganges zunehmend mit Brus’ Ölkreidezeichnungen wie „Alle Engel malen himmelblau, und aus der Seide himmelt sich das Blut“ oder „Radikaler Versuch, selbst ein Glockenklang ohne Schwingungen sein zu können“ bis auf der Höhe die zentrale Installation von Franz Graf, die rosa „Body Machine“ kraftvoll einen Kontrapunkt setzt. Diese ausrangierte Fitness–Maschine irritiert zunächst, sie beunruhigt und erschließt sich dann als eine Konzentration von Argumenten aus Brus’ umgebenden Zeichnungen, gesammelt in ihrem körperhaften Dasein. Sie vermittelt Anstrengung, Sexualität, Gewalt und Verletzlichkeit und streift Endgültiges wie den Tod und Abgründiges. Beide Künstler legen in ihren Werken ein Sentiment offen, das an existenzielle Grenzen rührt. Die Ausstellung entfaltet sich wie ein unverbindliches Gespräch in einem Pendeln zwischen Statements, Antwort oder Gegenstatement, auch Themenwechsel und Einhalt – ein künstlerischer Abtausch. Die Interventionen von Graf wirken in dieser dialogischen Situation wie energetische Zentren, in welchen die von Brus aufgerufene Thematik gebündelt, erweitert und sehr persönlich verschärft an den Betrachter adressiert wird; manchmal aggressiv, manchmal zurückgenommen, introvertiert und empfindsam, mitunter ein bisschen sentimental. Die Kraft der Werke Brus’ ist einprägsam, die der installativen Eingriffe von Franz Graf nicht minder, unvergleichlich sein sensibler reflektiver Umgang mit dem Werk des Älteren, voller Achtung und ohne Konkurrenzkampf, ohne Hierarchie. Die eigene Struktur ist das Maß beider Künstler. Die Hängung und Aufstellung ist jedenfalls gelungen, das Werk des einen Künstlers lädt das des anderen auf. Der freigesetzten Resonanz ist durchgehend Raum belassen, sodass sich ein vielschichtiges sensitives Spannungsfeld mit großer Dynamik entfaltet.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Günter Brus – Franz Graf: Im Gegenlicht
19.09.2013 - 09.02.2014

Neue Galerie Graz
8010 Graz, Joanneumsviertel
Tel: +43 316 8017-9100
Email: joanneumsviertel@museum-joanneum.at
http://www.neuegalerie.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-17 h


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