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Die Damen: "Frauenkunst" at it`s best

DIE DAMEN, die vor allem in den 90er Jahren in der Kunstszene Wiens für Wirbel d.h. belustigende Verwirrung sorgen, haben sich nicht aufgelöst. Sie sind noch immer ein Verband und nach wie vor präsent, so zum Beispiel in der aktuellen Retrospektive ihrer unvergleichlichen Tätigkeit seit 1988 oder in der anlässlich dieser Ausstellung veranstalteten Pressekonferenz, die eigentlich keine Pressekonferenz war, sondern „Gulasch für DIE DAMEN“. Ein Symposium 1987, das den angeblich aktuell so notwendigen und effizienten Zusammenhang und Zusammenschluss von Kunstproduktion und Wirtschaft propagierte, gab den Anstoß dem männlichen Chauvinismus der Kunstszene, der „geschäftstüchtigen“ und gerade in diesem Sinn spießbürgerlich orientierten Proklamation eine sehr entschlossen weibliche Position Kunst entgegen zu stellen. Vier Individualistinnen, die jeweils eigenständig agierenden KünstlerInnen Ona B., Evelyne Egerer, Birgit Jürgenssen und Ingeborg Strobl treten ab 1988 auch als Gruppenformation und seit dem Auftritt „Postmodern“ in der Secession1989 unter dem Namen DIE DAMEN auf. Sie irritieren das Publikum mit rätselhaften Einladungen um es dann in ihren Aktionen mit subversivem Humor weiter zu verunsichern – sofern die Beteiligten die Doppelbödigkeit des vermeintlich lustigen Spektakels wahrnehmen konnten. DIE DAMEN trieben ein raffiniertes, durchaus amüsantes Theater, feinsinnig, voll ironischer Widersprüchlichkeit, voller kleiner hinterhältiger Spitzen – wie ab 1992 mit Lawrence Weiner als beigetretener DAME der deklarierte Slogan der DAMEN ist: „böse ist besser“ – also ungeniert provokant, aber immer charmant. In ihrer ersten öffentlichen Arbeit präsentieren sich DIE DAMEN auf einer Postkarte: Schneidig und souverän in eben jenen lässigen Posen der „großen“ Künstler der Galerie nächst St. Stephan, genauso großspurig wie diese Männer, aber eben damenhaft, und das als die „vier neuen Mitglieder des Ersten Wiener Männergesangsvereins“. Das Ansinnen der DAMEN ist von Anfang an anarchistisch. Ein spöttischer, federleichter Feminismus ist ihr Mittel um sich mit unverhohlener Direktheit emanzipiert zu produzieren. Mit der Aufnahme von Lawrence Weiner als DAME (1992) entlarven sie die auch in der Kunstszene gepflegten Rollenklischees als konserviertes Paradoxon. 1989 laden DIE DAMEN in die Secession zu „Postmodern“. In perfekter offiziöser Inszenierung sitzen DIE DAMEN in weißen Hemden und Krawatte an vier Tischen und verströmen eine kühl–erotische Atmosphäre. Die BesucherInnen dürfen am ersten Tisch 100 Schilling in die Kassa einzahlen, am zweiten erhalten sie die als feinsinniges Multiple kreierte Sonderbriefmarke, die am dritten Tisch mit dem Stempel „Die Damen“ entwertet und schließlich verpackt wird. Das Beamtentum, wieder die starren Rollen der Geschlechter, die männliche Domäne der Geschäftswelt und insbesondere der zur damaligen Zeit hochstilisierte Begriff der Postmoderne wird „entwertet“. Ein anderes obskures Schauspiel initiieren DIE DAMEN mit dem „Ministerempfang“ 1990. Nachdem sie zur Biennale nach Ankara eingeladen worden sind, wollen sie auch mit einem Preis bedacht werden und realisieren diesen Anspruch umgehend mit dem „ersten türkischen Kunst–Sport–Preis“, der ihnen von der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Sport direkt bei ihrer Ankunft aus Ankara in der VIP–Lounge des Flughafens Schwechat mit absurder Feierlichkeit verliehen wird. Ministerin Hilde Hawlicek ist Komplizin und die Gäste werden, wenn nicht zum Narren gehalten, so zumindest belustigend verwirrt ¬–¬ zumal am folgenden Tag die Nachricht einer „wahren“ Ehrung DER DAMEN anlässlich der Biennale verlautbart wird. Die Anspielungen in diesen Aktionen der DAMEN sind mannigfaltig, sind abgezielt auf die Gesellschaft, die Politik, das Kunstverständnis und nicht zuletzt selbstironisch auf sich selbst. Die Kunstereignisse sind genau durchdachte Begegnungen der DAMEN mit der Öffentlichkeit, die mit Präzision und Raffinesse durchgeführt werden – als lustvolles Spiel mit den Realitäten. Die sonst voyeuristische Rolle des Publikums wird verkehrt, es wird involviert, ausgetestet und verstrickt sich zuletzt unwillkürlich als Hauptdarsteller im transparenten und dennoch schwer zu durchschauenden amüsanten Diskurs mit den DAMEN. Die aktuelle Ausstellung präsentiert die wichtigsten Aktionen und Artefakte der DAMEN, die Editionen, die eigens für die Auftritte entworfenen Kostüme, Plakate und Fotografien. Mehrere Videos dokumentieren die Happenings und Inszenierungen und transportieren mit den sich überlagernden Gesprächsfetzen und Gemurmel die eigenartige Atmosphäre der jeweiligen Geschehnisse in den Ausstellungsraum. Sie beleben die Präsentation, die von den DAMEN selbst kuratiert worden ist und daher in Anbetracht der Dynamik von Strategie und Effekt der referierten Kunstereignisse erstaunlich kühl und distanziert wirkt. Der erwartete Witz stellt sich nicht ein. DIE DAMEN geben sich vielmehr reserviert. Vielleicht ist es doch eine Rückschau, die bewusst mit respektvoller Trauer realisiert wurde, verweist gleichwohl zur Eröffnung der zentrale leere Sessel zwischen den anwesenden DAMEN sehr deutlich auf die 2003 verstorbene Birgit Jürgenssen. Gleichzeitig wird gerade in dieser nüchternen Retrospektive die Brisanz des Agierens der DAMEN in ihrer Zeit deutlich, deren Tragweite ernsthafte Kritik und heitere Manier miteinander zu verweben auf einer heute besser ersichtlichen Metaebene vibriert. DIE DAMEN waren am Punkt. Viel Elementares ihrer gelebten ideellen Kunstrealität wurde in der Folge oft aufgegriffen, weiterentwickelt, aber in ihrer humoristischen Schärfe der elegant subtilen Provokation und paradoxen Relevanz kaum übertroffen. Das süffisante Spiel der DAMEN bleibt singulär und legendär.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Die Damen
22.06 - 03.11.2013

Landesgalerie für zeitgenössische Kunst
3100 St.Pölten, Kulturbezirk 5
Tel: +43-2742 90 80 90
Email: office@zeitkunstnoe.at
http://www.zeitkunstnoe.at/
Öffnungszeiten: Di – So 9 - 17 h


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