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abc art berlin contemporary: abc von vorne

Da ist es, das neue Format, nach dem der Kunstmarkt so lange gesucht hat. In seiner fünften Ausgabe ist die abc art berlin contemporary erwachsen geworden, so erwachsen, dass Mitorganisator Guido Baudach sich auf der Pressekonferenz zum Auftakt am Donnerstag nicht einmal scheut, das Wort Messe in den Mund zu nehmen. Bisher haben die veranstaltenden Galeristen den Begriff weit von sich gewiesen. Das hängt mit der Geschichte des Projekts zusammen: Ursprünglich war die abc art berlin contemporary eine Gegenveranstaltung zum Art Forum Berlin. Dahinter stand der Kreis international erfolgreicher Berliner Galerien, die mit dem Gallery Weekend bereits ein innovatives Format entwickelt hatten, an das sich der Rest der Kunstszene zwar dranhängte, aber nicht mitspielen durfte. An dem entstehenden Zwist und der eigenen Erfolglosigkeit ging das Art Forum schließlich zugrunde. Selbst, als sie ihnen angeboten wurde, wollten die abc-Macher die Messe nicht haben. Jetzt haben sie selber eine. Aber eine, die Vieles anders machen will. Und endlich, nach einigen mittelguten Versuchen, auch Vieles besser macht. Der Rumpelige Charme der labyrinthartig vor sich hin mäandrierenden Wackelwände und anderer Display-Experimente ist einer flexiblen und gleichzeitig professionellen architektonischen Offenheit gewichen, die den Ausstellern genau jene Elemente zur Verfügung stellt, die sie für ihre jeweiligen Präsentationen brauchen. Mehdi Chouakri, der neuerdings zu den neun Gesellschaftern zählt, erklärt das Konzept so: "Die Galerien werden eingeladen, hier Projekte zu realisieren, und es bleibt völlig ihnen überlassen, welche Form sie dafür wählen. Das ist der Unterschied zu einer normalen Messe." In dieser Äußerung klingen Unterschiede zu einer normalen Messe mit: Das abc-Prinzip der Einzelpräsentation wurde beibehalten. Allerdings kann eine Galerie mehrere Vorschläge einreichen und durchführen oder sich eine Show mit einem anderen Teilnehmer teilen. Es bleibt jedoch eine Einladungsmesse. Die Veranstalter führen keine Jurierung im klassischen Sinne durch und müssen sich vor niemandem für ihre Entscheidungen rechtfertigen. Die Messlatte für ihr Vorgehen ist der Erfolg. Und an dem dürften sie interessiert sein. Dankenswerterweise wurde die unglückliche Zwangskuratierung aufgegeben. Rosemarie Schwarzwälder aus Wien findet: „Diese Form ist den Künstlern viel angemessener." Angesprochen auf das kommerzielle Risiko von Soloshows, meint sie: "Das Format ist nicht nur ein Risiko, sondern auch eine Chance. Man muss halt sehen, wo man welche Arbeiten zeigt. Und der finanzielle Einsatz ist ja nicht sehr groß." Denn auch das Preismodell ist innovativ. Jeder Teilnehmer zahlt rund 4.000 Euro Grundgebühr und erhält dafür den Platz zur Verfügung gestellt, den er für sein Projekt benötigt. Wer Stellwände haben will, kann sie in verschiedenen Ausführungen dazumieten. So können auch junge Galerien mit knappem Etat große Kunst zeigen. Durch die jahrelangen Querelen in der Stadt hat der Standort jedoch etwas von seiner Attraktivität als internationaler Marktplatz eingebüßt. Nicht, dass auf Berliner Kunstmessen je sonderlich gut verkauft worden wäre. Doch die Not scheint so groß gewesen zu sein, dass sich alle Fraktionen in Berlin an einen Tisch gesetzt und sogar ihre VIP-Verteiler für die gleichzeitig stattfindende Berlin Art Week abgeglichen haben. Ganz glücklich ist aber wohl niemand mit aktuellen Lösung. Vieles wirkt gewollt und wenig strukturiert. Außer dem Logo und dem Termin gibt es nicht allzu viele Gemeinsamkeiten. Und Alexander Schröder von der Berliner Galerie Neu erklärt auch unumwunden: "Uns interessieren nicht die anderen kommerziellen Veranstalter, sondern die Institutionen.“ Und mit der Organisation der Woche durch die landeseigene Kulturprojekte Berlin GmbH ist er ebenfalls nicht sonderlich zufrieden. Er nimmt es aber sportlich: "Es ist jetzt Donnerstag. Wir haben noch drei Tage. Vielleicht können sie uns ja noch überzeugen in Sachen Sichtbarkeit der Veranstaltung." Ein Blick in die internationale Presse zeigt allerdings, dass da für dieses Jahr wenig Hoffnung besteht. Aber vielleicht spricht sich ja im Laufe des nächsten Jahres herum, dass in Berlin wieder mal eine Form der professionellen Kunstvermittlung entstanden ist, die sich als richtungsweisend herausstellen könnte.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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abc art berlin contemporary
13 - 16.09.2012

Station Berlin
10963 Berlin, Luckenwalder Strasse 4-6
http://artberlinfair.com/


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