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Dan Flavin - Lights: Pathos der Röhren

Warum eigentlich eine Dan Flavin Ausstellung besuchen? Wirken dessen Werke nicht wie stereotype Wiederholungen eines einzigen Themas? Nicht unbedingt. Obwohl Flavins Arbeiten triviale, handelsübliche Leuchtstoffröhren zum Grundmaterial haben, entfalten sie immerhin je nach Ort sehr unterschiedlich Wirkungen. Anders als in der cleanen Atmosphäre von Museen mit ihrer Tendenz, die Auratisierung zu steigern, erstrahlen sie in Galerieräumen oft wie nüchterne Zitate aus dem urbanen Zusammenhang. Dazu ist in Wien manchen vielleicht noch die hervorragende Präsentation 1991 in der Galerie nächst St. Stephan in Erinnerung. Flavin bezog sich übrigens nicht nur auf den Außenraum. Er konzipierte auch Werke für diesen; als ortsspezifische Lichtinstallationen wie z.B. für den Wissenschaftspark Gelsenkirchen oder für das Museum Hamburger Bahnhof in Berlin. Dass Flavins Œuvre nicht so ohne weiteres umfassend bekannt ist, spricht eher für eine Ausstellung. Eine solche wiederum muss so angelegt sein, dass die einzelnen Werke unbedingt Raum und Abstand zueinander erhalten. Diese Bedingungen kann das mumok durchaus bieten. Dementsprechend extensiv geriet die Präsentation des Minimalisten somit auch. Jedoch werden damit unwillkürlich die immanenten Widersprüche in Flavins Werk hervorgestrichen. Einer derart signifikanten Position der Moderne vier Etagen des Museums mit rund 2400m² Ausstellungsfläche zu widmen, ist zwar legitim. Es entsteht aber ein enormes Pathos, das durch die Spiegelungen des Lichts am Boden zusätzlich erhöht wird. Flavins anfängliches Prinzip der Reduktion schlägt um in eine Manifestation des Erhabenen. Ein bemerkenswerter Effekt! Als Thema ließe er sich sogar aus der Biografie des Künstlers (1933 – 1996, New York) ableiten. Flavins religiöse Einstellung kommt nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass er Anfang der 1950er Jahre ein Priesterseminar besuchte. Tatsächlich beeindrucken die rund 30 Lichtarbeiten: sowohl die kleinen Bild-ähnlichen Werke wie auch die späteren seriellen und besonders die auf weißem Licht basierenden “monuments” for V. Tatlin. Sich auf Tatlin als Vertreter der russischen Avantgarde zu beziehen, erscheint plausibel, die zahlreichen Widmungen an SammlerInnen und Bekannte Dan Flavins wirken jedoch sentimental und kleinlich. Aber so war es nun mal. Ebenso wie Flavin, der sich offensiv zu den ästhetischen Aspekten des technischen Fortschritts bekannte, die meisten seiner Werke offenbar aus dem klassischen Medium der Zeichnung und der Architekturskizze heraus entwickelte. Diesen Aspekt bringt die Ausstellung zwar in einem kabinettähnlichen Seitenbereich, wird aber viel zu wenig bearbeitet. Dass man hier mehr herausholen hätte können, lässt sich aus dem aufliegenden Katalogmaterial herauslesen. Somit drängt sich eine weitere Frage auf: Nicht, ob man eine Dan Flavin Ausstellung besuchen soll, sondern wie groß der Informationswert einer solchen Retrospektive ist. Museen haben auch die Aufgabe durch Information zu bilden und so die kulturelle Kompetenz ihres Publikums zu erweitern. Relevante zeitgenössische Kunst ins Programm aufzunehmen würde dem zwar entsprechen, zumal Minimalismus – zumindest peripher – ein Thema der im mumok beheimateten Stiftung Ludwig ist. Als dritte Frage müsste also das Thema Relevanz auf den Tisch. In der Nachkriegsmoderne hat Flavin zweifellos seinen Platz. Allerdings nur dann, wenn man diese unter dem Paradigma des Kalten Kriegs liest und weiterhin davon ausgeht, dass die bestimmenden Koordinaten der Kunstgeschichte entlang der Achse der Westmächte Berlin, Düsseldorf, Paris, New York und Los Angeles liegen. Bewertet man diese ideologische Voraussetzung für eine Ausstellung nicht all zu stark, so stellt sich aber noch eine Frage: Warum eigentlich einer Dan Flavin Ausstellung im mumok fast vier Monate, also länger als ein Viertel Jahr widmen?? Auch nach allerspätestens zwei Monaten wäre hier der Informationswert auch hinreichend erfüllt.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Dan Flavin - Lights
13.10.2012 - 03.02.2013

mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 52 500, Fax: +43 1 52 500 13 00
Email: info@mumok.at
http://www.mumok.at
Öffnungszeiten: Täglich: 10.00–18.00 Uhr, Do: 10.00–21.00 Uhr


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