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curated by_vienna 2012: Thomas Kilpper, Jimmie Durham - curated by_ Marius Babias: Die tiefen Schichten des Vergangenen

Thomas Kilpper zeigt in den vorderen Räumen der Galerie großformatige Leinwände, die mit Holzschnitten bedruckt von der Decke baumeln. Darauf sind prominente Gesichter, wie das von Rosa Luxemburg oder Georg Elser beim Verhör durch die Gestapo zu sehen. Die grob gezogenen Linien der Figuren sind auf teilweise färbige Stoffbahnen gedruckt. Diese großen Holzschnitte sind auch als Tafelbilder - Leinwand auf Holz - zu sehen. Wir entdecken Jean Paul Sartre, Bertrand Russell, Michel Foucault und andere meist prominente Intellektuelle und politische Aktivisten. Wesentlich für das Verständnis der Kunst von Thomas Kilpper ist die Entstehungsgeschichte der einzelnen Holzschnitte. Manche der hier gezeigten Werke wurden in den Boden des ehemaligen Ministerium der Staatssicherheit der DDR in Berlin eingeritzt. Kilpper sucht in seiner Arbeit nach solch geschichtsträchtigen Orten „besetzt“ und markiert sie. Er zieht ihnen förmlich die Haut ab und ritzt seine Sicht des Ortes in den historischen Grund. So auch geschehen in London im sogenannten „Orbit House“ wo er an Hand eines 400qm großen Holzschnitt die Geschichte dieses Ortes eingravierte. Einmal Kapelle gewesen, Möbellager und Kino ist das Orbit House ein schönes Beispiel für das englische Leben der letzten dreihundert Jahre in Southwark, London. Kilpper entwirft eine ortspezifische Mythologie die sich kritisch mit dem Gewesenen des Gebäudes auseinander setzt und dies ist auch an Hand eines großformatigen Bildes mit Sigmund Freud in der Galerie zu sehen. Die Bildinhalte, die eindeutig zu politischen Fragen des Betrachters führen sollen, motivieren Thomas Kilpper schon seit seinen Jugendjahren. Damals war er auch Sympathisant der RAF und politischer Aktivist und verbüßte für diese Tätigkeit auch eine Haftstrafe. Dennoch hat er in Nürnberg, Düsseldorf und Frankfurt am Main sein künstlerisches Handwerk gelernt, was in dieser erfrischenden Ausstellung auch zu sehen ist. Die Themen sind düster aber die Form der Darstellung ist nicht immer gewalttätig . Insbesondere das Bild von Rosa Luxemburg ist behutsam gefasst. In Stil und Inhalt erinnert Thomas Kilpper manchmal an den amerikanischen Maler Leon Golub. Ein politischer Aktivist seit Jahrzehnten, inbesonders für die Anliegen der indigenen Völker, ist der amerikanische Künstler Jimmie Durham. Selbst dem Cherokee-Stamm zugehörig war er UN Vertreter für Indigene und lebt seit Jahren schon in Berlin und in Rom. Für die Ausstellung bei Christine König schuf er das achtteilige Werk „1948“ von dem vier gerahmte Arbeiten in der Galerie zu sehen sind. Durham fand in seiner Wohnung in Berlin Zeitungsreste aus dem Jahr 1948 und kommentierte sie mit seiner Erinnerung indem er Sätze aus seiner Erinnerung auf Papier schrieb. Es ist dies sowohl Erinnerung an politisches Geschehen, wie die Gründung Israels, die Nakba, oder die Gründung von Hells Angels, als auch die Erinnerung an familiäre Ereignisse wie der Einzug seiner Mutter in ein festes Haus. Durham ein Meister des Arrangierens, des Bezüge Herstellens überzeugt bei Christine König durch sehr stille und poetische Arbeiten. Die geraffte Zeitung hinter Glas erinnert an Kontinente, die sich ausdehnen und zusammenziehen. Es ist das Unmittelbare des Vorgefundenen, dass Durham zum Denken anregt. Alles in allem ein sehr gelungenes Beispiel einer Ausstellung der „curated by“ Schiene, das zweifelsohne neben den Künstlern, dem Kurator Marius Babias und Christine König zu danken ist.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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curated by_vienna 2012: Thomas Kilpper, Jimmie Durham - curated by_ Marius Babias
21.09 - 10.11.2012

Christine König Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1a
Tel: +43-1-585 74 74, Fax: +43-1-585 74 74-24
Email: office@christinekoeniggalerie.at
http://www.christinekoeniggalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa 12-16h


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