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Was bleibt

Wien in den 60er Jahren: die Kunstszene war klein und so etwas wie Öffentlichkeit kaum bis nicht vorhanden. Eine Gegenöffentlichkeit speiste sich, ob nun Freund oder Feind, aus der ohnedies kleinen Szene, alles in allem ging es eher eng zu, der Zirkel zeigte sich hermetisch, um sich kreisen ist generell eine Wiener Tugend. Nur wenige verließen in den 60ern freiwillig die Stadt, Maria Lassnig beispielsweise oder Kiki Kogelnik, andere wie Günter Brus oder Oswald Wiener gingen nicht ganz freiwillig nach Berlin und nannten das dann Exil. Mangel an Öffentlichkeit hin, kleine Szene her, irgendwie ist dann aus doch vielen von damals etwas geworden, Staatskünstler zum Beispiel, Kunsthochschulprofessoren, auch ein Museumsdirektor ist dabei, Reputation, nicht nur hierzulande. Die Zeiten ändern sich, die Protagonisten mit dem Alter auch, Kontakte werden wohl weniger gepflegt als biographische Selbstdarstellungen und diverse Mythen. Konrad Bayer beispielsweise scheint eine ganze Reihe von eigendefinierten „besten Freunden“ gehabt zu haben, Padhi Frieberger hingegen, der wohl auch stets dabei war, wird von seinen ehemaligen Mitstreitern gerne einmal in den Winkel der belanglosen Unernsthaftigkeit gedrängt. Herausgegeben von Gerald Matt und dem Österreichischem Parlament ist nun eine Sammlung von Gesprächen mit 50 Protagonisten der 60er-Jahre erschienen, von Raimund Abraham bis Zünd-Up. Überwiegend hat Matt die Interviews selbst geführt, doch sind auch andere beteiligt. Lilli Hollein beispielsweise konnte für ein Gespräch mit ihrem Vater gewonnen werden, Ingried Brugger mit ihrem Ehemann Attersee. Der Bildteil ist angenehm zurückhaltend, die Konzentration liegt ganz auf dem gesprochenen Wort, Werktitel sind kursiv hervorgehoben, überhaupt gibt sich die Sammlung äußerst lese- und benutzerfreundlich. Das Buch hatte einen eher ungünstigen Start, kaum war es erschienen, musste es auch schon eingestampft werden. Ein Autor war nicht genannt, stattdessen Matt. Ein Errata-Zettelchen hat dem Geschädigten nicht gereicht, nun wurde das Interview, nicht der Name ersetzt und als dann die neue Auflage endlich da war, hatte der Herausgeber möglicherweise ganz andere Sorgen. Man mag über Gerald Matt geteilter Meinung sein, man wird sich in Jahren vielleicht nicht mehr an alle seiner Ausstellungen in der Kunsthalle erinnern, möglich, dass Heerscharen ungenannter Helfer an dem Buch mitgearbeitet haben, auch hätte das eine oder andere zusätzliche Gespräch mit beteiligten Frauen der Zeit gut getan. Doch wer sich in Zukunft mit der Kunst der 60er-Jahre in Österreich beschäftigen will, wird an dem reichen Kompendium nicht vorbeikommen. Österreichische Kunst der 60er-Jahre – Gespräche. Herausgeber: Gerald Matt und Österreichisches Parlament. Verlag moderner Kunst Nürnberg, 45 Euro www.vfmk.de/Gespr-che-Kunst-der-60er-Jahre
Mehr Texte von Daniela Gregori

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