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Kunst-Stück: Theres Cassini - Prostitute and Client

Büsten, außergewöhnlich maskiert von Franz Graf und Hermann Nitsch, stehen denkwürdiges Spalier, Werke von Marcel Duchamp, Heinz Frank und Franz West säumen den Weg. Und dann präsentiert Julius Hummel im hinteren Zimmer ein apartes Objekt aus der Realität von Theres Cassini: Prostitute and Client. In der 10-teiligen Serie Realität bündelt die Künstlerin inhaltliche wie materielle Wahrheiten und Tatsachen unseres Lebens zu vieldeutigen, bisweilen abstrusen Komplexitäten, die sie als Barbiepuppen-Skulpturen in Szene setzt, überschaubar und unmittelbar affektiv wirksam als dreidimensionales Objekt und in einer weiteren Transformation dasselbe in die Distanziertheit der Fotografie übersetzt. Vor allem die weibliche Barbie bildet ein großartiges Sinnbild der perfekten Frau: Sie verkörpert als stets dem aktuellen Ideal angepasstes industrielles Erzeugnis die immer zeitgemäße feminine Attraktivität, ist zudem nahezu unverwüstbar, also never-aging, und ausserdem eine Puppe - wunderbar verfügbar. Mit unverblümter Offenheit lässt Theres Cassini die süße Barbie kniend den als Macho gestylten Ken oral befriedigen. Bizarr ist gerade das Auslassen jeder karikaturesken oder expressiven Überzeichnung, jeder formalen oder symbolischen Überhöhung. Die künstlerische Intention ist bewusst auf kein eindeutiges Ziel fixiert, explizit ist keine moralisierende Kritik, kein belehrendes Hinweisen auf gesellschaftliches Rollenverhalten oder dümmliche Klischees proklamiert. Theres Cassinis Interesse ist klipp und klar an der Realität des Lebens orientiert, die sie ohne Umschweife zur Anschauung bringt, als Konzentrat in der Miniaturform der Puppenwelt. Es obliegt der/dem RezipientIn aus einer Perspektive der Überlegenheit die Essenz dieser Puppenszenerie wahrzunehmen, zu deuten und zu werten. Die Reaktion ist nicht vorhersehbar, da nicht manipuliert. Julius Hummel hat in jedem Fall seinen Spaß daran, hat Cassinis Prostitute and Client mit subtilem Humor auf ein adrettes Biedermeiertischchen postiert und gegenüber Man Rays Metronom, dessen appliziertes Auge zwinkert.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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