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Josef Danhauser - Bilderzählungen: Romane in Bildern

Die Bilder von Josef Danhauser sprechen Bände. Seine gemalte Bibliothek besteht aus Romanen, die manchmal sogar auf literarischen Vorlagen basieren. Das Bild „Der reiche Prasser“ etwa, mit dem Danhauser, ältester Spross eines Wiener Möbelfabrikanten, 1836 der Durchbruch als Genremaler gelang, verlegt nicht nur das bekannte biblische Gleichnis in die Gegenwart des Biedermeier, es veranschaulicht auch die im Gesamten durch und durch erzählerische Haltung des Malers. Da ist nicht nur die Geschichte vom Bettler, der vergeblich auf Krumen vom Tisch des Reichen hofft und – wie der Bibelkundige wohl weiß, für seine irdischen Leiden im Himmel entschädigt wird, während der Prasser für seine Hartherzigkeit in der Unterwelt leiden muss –, da sind auch noch viele andere Geschichten, in winzigen Details versteckt. So bringt jede der Personen etwas mit, das über das reine Gleichnis hinaus und auf das allgemein Menschliche der Gegenwart hinweist. Die schwarz gekleidete Tischdame des Reichen etwa ist offenbar in Trauer, nimmt aber trotzdem an dem Gelage teil. Sie ist die einzig Mitleidige, während ihr Galan und das andere Paar den Bettler gar nicht zu Kenntnis nehmen – ihre Mimik und Blickbeziehungen sind übrigens köstlich! Auch die prachtvolle, in ihrer Stofflichkeit und Haptik bravourös geschilderte Ausstattung erzählt: von der Mode des „Wiener Schals“, Glanzstücken der Danhauserschen Möbelfabrik (deren künstlerischer Leiter der Maler war) oder auch dem, was man damals in Wien als erlesene Speisen erachtete. Das Bild hat ein Gegenstück, das ohne viel Federlesen das Gleichnis biedermeierlich zuende führt. Das zwei Jahre später vollendet Gemälde „Die Klostersuppe“ bringt einige der Protagonisten aus dem „Reichen Prasser“ erneut zusammen: Der Reiche hat offenbar endlich all sein Geld verprasst und sitzt nun bei der Armenausspeisung seinem ehemaligen Diener und dem Bettler gegenüber. Im Hintergrund taucht auch noch die Witwe auf, die, peinlich berührt und am Arm eines neuen reichen Gönners, ihren früheren Gastgeber wieder erkennt. Selbst das Hündchen drückt die Scham aus, mit der der bestrafte Fresser nun um die Klostersuppe bittet, während der einst missachtete Bettler ihm sein eigenes Brot zuschiebt. Danhausers Stellung innerhalb der Wiener Biedermeiermalerei war singulär. Niemand sonst erzählte derart pointiert und z. T. satirisch mit so genau beobachtetem gestischem und mimischem Repertoire und so vielen sprechenden Details. Ein Rezensent schrieb angesichts des Bilderpaares „Der reiche Prasser“ und „Die Klostersuppe“ schon 1839 von einem „Roman in Bildern“ und erkannte die Verwandtschaft zu den entlarvenden, satirischen Gemäldezyklen von William Hogarth, von denen einige in der Ausstellung des Belvedere zu sehen sind. Im Vergleich wird klar, dass der Biedermeierkünstler Danhauser deren Schärfe allerdings nie erreichte und wohl auch nicht erreichen wollte. Überhaupt gelingt es in dieser Ausstellung, den scheinbar bekannten Vertreter der Wiener Biedermeiermalerei aus seiner Schublade herauszuholen und seinem Werk Aspekte zu entlocken, die man nicht erwartet hätte, wie etwa die Erkenntnis, dass Danhausers Karriere als Genremaler nicht nur mit einem Gleichnis begann, sondern dass auch sein übriges Werk im Grunde aus Gleichnissen besteht.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Josef Danhauser - Bilderzählungen
22.06 - 25.09.2011

Unteres Belvedere
1030 Wien, Rennweg 6
Tel: +43 1 795 57-200, Fax: +43 1 795 57-121
Email: info@belvedere.at
http://www.belvedere.at
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 21 Uhr


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