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Wagner-Schule ROTES WIEN. Architektur als soziale Utopie: Architektur des sozialen Aufbruchs

Das Schnittfeld von sozialer Utopie und Design des Alltags im Roten Wien von Beginn der Ersten Republik an beleuchtet dieses Projekt. Schon jetzt sollte man es als Wanderausstellung weiter denken. Ihr Blick reicht über die „Marke Rotes Wien“ (Siegfred Mattl) hinaus, und zeichnet Linien des kulturellen Transfers nach. Schon der programmatische Titel der Ausstellung „Wagner Schule Rotes Wien“ geht in die Offensive. Thema ist eine erweiterte Sicht auf den prägenden Einfluss Otto Wagners als Stadtplaner, als Architekt einer vom Jugendstil beeinflussten Moderne und nicht zuletzt als Künstler, der ein großartiges zeichnerisches Werk hinterlassen hat. Dass der 1918 verstorbene Großmeister Architekten wie Rudolph M. Schindler, Joze Plecnik oder Josef Hoffmann beeinflusst hat ist nur nämlich nur eine Dimension seiner nachhaltigen Ausstrahlung. Es ergeben sich darüber hinaus hochinteressante Leseweisen des sozialen Wohnbaus der Frühzeit. Wie der Kurator der Ausstellung, Wolfgang Förster, Leiter Wiener Wohnbauforschung, hervorstreicht, waren zahlreiche der von Wagner ausgebildeten Studenten dazu prädistiniert, sich der neuen Aufgabe des großflächigen kommunalen Wohnbaus zu widmen. Sie hatten Erfahrung im Umgang mit großen Baumassen und verstanden es zugleich, der Monumentalität einen menschlichen Maßstab gegenüber zu setzen. Was außerdem fortgeführt wurde, ist Idee der ästhetischen Ausgestaltung und die feingliedrige Durcharbeitung der Wohnanlagen. Angesichts der miserablen Zustände in den Spekulationsbauten sowie der Verelendung unter den SiedlerInnen initiierte die Sozialdemokratische Stadtregierung unter den Bürgermeistern Jakob Reumann und später Karl Seitz ein Bauprogramm für zunächst 65 000 Wohnungen. Nicht oft genug kann auf den hohen Standard ihrer Infrastruktur, sowie auf die zahlreichen kommunalen Einrichtungen wie Bibliotheken, Schulen oder Theatersäle als Teil der Wohnhausanlagen hingewiesen werden; und nicht oft genug auf die Bereitschaft zu herausragenden Experimenten wie zum Einküchenhaus „Heimhof“ im 15. Bezirk. Was aber die Ausstellung anhand von Architektur-Modellen und Möbelstücken, anhand großformatiger Fotodrucke, Originalplakaten und Plänen gemeinsam mit dem detailliert und handlich aufbereiteten Katalog über diese sozialpolitische Dimension hinaus vermittelt, sind die Bestrebungen, urbane Großzügigkeit und die Vision einer durchgrünten Stadt in Verbindung mit rhythmisierten Fassaden, Arkaden, Balkonen und Terrassen im Bereich der Bauten selbst umzusetzen. Beispiele sind der ab 1924 errichtete Reumann-Hof von Hubert Gessner am Margaretengürtel als Ringstraße des Proletariats. Oder: der Karl-Marx Hof von Stadtbaumeister Karl Ehn, der 1934 in den Anfangstagen des austrofaschistischen Ständestaates von der Artillerie des Bundesheeres beschossen wurde. Ehns Lasalle-Hof (1924) gilt als im übrigen als herausragendes Beispiel konstruktivistisch geprägter Architektur. Als Verkörperung des Volkswohnbaus schlechthin wird die von ihm konzipierte Gartenstadt Jedlesee (heute: Karl Seitz-Hof) in Florisdorf rezipiert. Mehr noch als die konzentrierte Ausstellung an ihrem logischen Ort, dem „WAGNER:WERK Museum Postsparkasse der BAWAG PSK“, dem Kassensaal der Postparkasse von Otto Wagner im ersten Bezirk Wiens, bringt Eva B. Ottilinger im Katalog Beispiele sozial motivierten Möbeldesigns. Von Josef Frank, von Margarethe Schütte-Lihotzky oder von Franz Schuster. Anschaulich wird somit umgesetzt, was immer wieder notwendig ist: nämlich ideelle Felder zusammenführen und historisch bedeutsame Koordinatenfelder miteinander zu verschneiden. Denn Geschichte produktiv zu machen, bedeutet letztlich, kulturelle und soziale Aufladungen in ihrer Wechselwirkung transparent darzustellen.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Wagner-Schule ROTES WIEN. Architektur als soziale Utopie
06.07 - 28.08.2010

WAGNER:WERK Museum Postsparkasse der BAWAG P.S.K.
1018 Wien, Georg-Coch-PLatz 2
Email: m.pasterk@signa.at
http://www.ottowagner.com
Öffnungszeiten: Mo-Mi, Fr 8-15, Do 8-17:30, Sa 10-17 Uhr


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