
Ivona Jelčić,
Zahm und versöhnlich
Nun ist Wolfgang Flatz also im Museum angelangt, noch dazu in seiner Heimatstadt, die ihn in seinen künstlerischen Anfängen so gar nicht verstehen wollte, in deren Einzugsgebiet er einst gar in die Psychiatrie gesteckt wurde und die er schließlich Richtung München verließ.
Doch vergessen sind die Unstimmigkeiten, eine Stadt könne sich schließlich entwickeln, sagt der verlorene Sohn versöhnlich. Und der „Herr Professor“, ein Boston Bullterrier, zu dem es laut „Herrl“ Flatz eine recht grausliche Zucht-Geschichte gibt, schwarwenzelt eifrig durch die neu adaptierten Räumlichkeiten der ehemaligen Naturschau in Dornbirn. Im Treppenhaus hängen Plakatarbeiten, von denen eine des Künstlers legendäre Dogge „Hitler“ zeigt, als Appetizer außerdem eine „Physical Sculpture“ im Foyer.
Zehn Arbeiten aus dieser Serie bilden - als Schenkung des Künstlers an die Stadt Dornbirn - den Grundstock des Museums, das ab 2010 auch Wechselausstellungen bieten soll. Flatz mag nicht alleine bleiben, vielmehr will er eine Plattform für den Kunst-Diskurs etablieren. Während in die Mitte dieses Kommunikationshortes demonstrativ die Flatz-Bar von 1996 platziert wurde, gelangt man durch den seit der documenta IX bekannten Wald aus schwarzen Boxsäcken nicht ohne „Bodycheck“ in Raum Nummer eins. Statussymbole auf zwei oder vier Rädern, meist mit reichlich PS unter der Haube, hat Flatz zu brachial bearbeiteten „Physical Sculptures“ stilisiert. Daneben zeigt er jüngere Fotoarbeiten und ganz frühe Installationen („Wertlos“, bestehend aus den Resten gutbürgerlicher Möbelstücke). Im neuen Flatz Museum fallen keine toten Kühe vom Himmel, hier lässt der Künstler sich (vorerst) auch nicht mit Dartpfeilen bewerfen. Autoaggression, Provokation, wo seid ihr hin? Selbst die Eröffnungsperformance mit einem Wiegenlied war abgesehen von einem gepflegt-düsteren Touch keineswegs skandalös angelegt. Und abgesehen von einem Bücherberg muss man (sich) nicht viel überwinden, um zur im zweiten Raum gezeigten Serie „Zeige mir einen Helden und ich zeige dir eine Tragödie“ (1988) zu gelangen.
Andererseits darf man im Flatz Museum ganz abseits vom inszenierten Skandal, mit dem Flatz seit jeher verstört und polarisiert, einen retrospektiven Blick auf das Werk des an Körper-Konfrontation interessierten Künstlers werfen. Als Impuls für Dornbirn taugt das allemal. Und der Slogan „Fressen Ficken Fernsehen“ wird ja immer noch auf Postkarten gedruckt unters Volk gebracht.
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