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... Berlin: Bilbao

Vor kurzem lud der Regierende ausgewählte Persönlichkeiten der Presse zu einer Bootsfahrt ein. Sinn und Zweck des Ausflugs wurden schnell deutlich. Wie jeder guter Bürgermeister möchte auch Klaus Wowereit seine Spuren hinterlassen, erst recht weil er seit der letzten Wahl nicht mehr einen Kultursenator neben sich hat, sondern selbst zum Kulturbürgermeister wurde. Und im Dienste der Kultur brachte er jetzt eine Kulturbrache in die Öffentlichkeit. Diese Brache steht direkt neben dem neuen Hauptbahnhof und gegenüber dem Hamburger Bahnhof. Hinter dem Hamburger Bahnhof entwickelt sich eine neue Galerienlandschaft. Da bietet sich die Freifläche neben dem Hauptbahnhof dazu an, Bilbao endlich den Fehdehandschuh hinzuschmeissen. Bilbao? Ach ja. Der – Guggenheim-Effekt. Schließlich hatte der Museumsbau des Guggenheim in der baskischen Metropole zu einem bis dato noch nie erwarteten Aufschwung geführt, Kultur statt Industrie. Manche nennen es es auch einfach Kulturindustrie. Am so genannten Humboldthafen solle jetzt etwas ähnliches entstehen, eine Kunsthalle und ein Kunstmuseum. Dazu in einer Architektur, die Gehry mit Libeskind verknüpft sehen will. Letzteres haben wir mit dem Jüdischen Museum schon in der Stadt und der Bau selbst zieht die Besucher an. Fehlt nur noch der Gehry.... Und jetzt gibt es den Wowereit-Effekt. Sollten wir diesen Effekt als das Gegenteil des Guggenheim Effekt begreifen? Schliesslich ist Berlin nicht mehr die Frontstadt des Kalten Kriegs, sondern ‚leading’ City der zeitgenössischen Kunst. Das beweist sich jede Woche neu, wenn eine neue Galerie ihren Weg in die Stadt gefunden hat oder eine alte wie Sprüth Magers, die endlich ihren Raum hier gefunden haben. Wer fehlt denn noch hier? Lisson? Kargl? Ab nächster Wochen beziehen Sie für eine kurze Zeit Quartier in Berlin, in den Messehallen am Funkturm. Wäre es nur das, müsste sich die Stadt wohl schämen, aber die Begleiterscheinungen werden immer stärker. Dort eine Messe, Preview, hier eine andere, die Liste und hier noch eine, vielleicht ohne Namen. Vierundzwanzig sind kein Tag. Und die Nächte fallen aus. Und für einen kurzen Augenblick ist Berlin der Nabel der Kunstwelt.
Mehr Texte von Thomas Wulffen †

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