Stefan Kobel,
Der Bugatti unter den Möbeln
Für den nüchternen Nordwesteuropäer des beginnenden 21. Jahrhunderts erscheinen sie eingermaßen unverständlich, die arabisierenden Möbel von Carlo Bugatti. Vor 100 Jahren waren sie heißbegehrt und vor allem teuer. Auch heute muss man gehörige für die verschnörkelten und gleichzeitig statuarisch starren Meisterwerke des Kunsthandwerks bezahlen. 1.553.000 Dollar inklusiver Aufgeld wurden vor einem Jahr in New York bei Sotheby's für einen Schreibtisch des 1856 in Mailand geborenen Architektensohnes bezahlt, der nach einem Studium an der Brera und in Paris 1888 seine erste Ausstellung in seiner Heimatstadt hatte. Eine Präsentation auf der Weltausstellung in Paris im Jahr brachte ihm zahlreiche Aufträge ein, etwa für den Khediven-Palast in Istanbul. Seine Verwendung exotischer Hölzer, Kupfer- und Pergamenteinlegearbeiten sowie Perlmutt bei der Herstellung seiner orientalisierenden Möbel kommt dem rückwärtsgewandten Repräsentationswillen des weltweiten Großbürgertums entgegen; so war etwa der „Turkish Salon“ des Waldorf-Hotels in New York mit ihnen eingerichtet.
Auch familiär war Bugatti gut vernetzt. So war seine Schwester mit dem Salonmaler Giovanni Segantini verheiratet. Der befreundete Maler Riccardo Pellegrini, ein Schüler des führenden neapolitanischen Malers Domenico Morelli, schuf Orientszenen zur Ausschmückung von Bugattis Möbeln, so auch für einen Schrank, der bei Von Zezwschwitz am 21. Oktober mit einer Taxe von 5.000 Euro angeboten wird.
Carlos Sohn Rembrandt wurde ebenfalls Künstler; von ihm sind vor allem geschmäcklerische Raubtierbronzen bekannt. Zum höchsten Ruhm in der Familie brachte es jedoch der andere Sohn, Ettore Bugatti, dessen Sportwagen heute von Volkswagen gebaut werden.
Mehr Texte von Stefan Kobel