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Lichtkuben im Raum

Ein Künstlerlokal wie Damien Hirsts \"Pharmacy\" sollte es nicht werden, auch kein zweites \"Wagamama\", eher ein Ort, den Entwerfer und Betreiber selbst gern besuchen würden. Ausgangspunkt war ein erdgeschossiges Lokal mit großen Fenstern und einer Kellerbar. Letztere wurde mit dem Interieur eines zugesperrten Berliner China-Restaurants ausgestattet und thematisiert so, auch in der pseudochinesischen Schrifttype auf der Visitenkarte, Kulturgeschichte als Fake mit eigener Historie und Authentizität. Das aus Jun Yangs künstlerischen Arbeiten bekannte Motiv des Piktogramms mit verschobener Semantik findet sich im Logo des Lokals, das, vervielfältigt, zum Muster wird. Ansonsten ist ein bewusst eher neutral gehaltener Ort entstanden, der Räumliches dennoch klar definiert. Aus dem hellgrauen Betonfußboden des Restaurants wachsen die massiven Nudel- und Getränketheken als raumbildende Körper. Hinter der Getränketheke schwingt sich ein massiver roter Baldachin mit von hinten beleuchtetem Gläserregal in die Höhe und verschleift Wand und Decke, wie die grauen Theken Boden in Wand überführen. Die problematische Zone zwischen zwei dominanten Pfeilern wurde mit einem langen fest installierten Tisch geschlossen und so der Raum auf einfache Weise in eine vordere und eine hintere Zone geteilt. Auch Licht ist als raumbildendes plastisches Element definiert: Dimmbare Neonröhren verbergen sich in längs und quer quasi im Raum schwebenden kubischen Alu-Gestellen mit doppelter heller Stoffbespannung. Der entstehende Moiré-Effekt ist beabsichtigt und Teil einer bewussten Unperfektion wie die ausrangierten AUA-Trolleys, die Zeitungen und Tabletts aufnehmen. Die sparsam dosierte Farbigkeit zieht sich über das Kirschfurnier der Stühle und das dunkelbraune Leder der Sitzbänke bis zum Tomatenrot der Thekenrückwand, das als Streifen auf dem Geschirr wiederkehrt. Das Konzept der (gastronomisch einschlägig vorbelasteten) Betreiber, Prozesse und Strukturen neu zu überdenken, scheint aufzugehen, der \"gute Ort\" ist geschaffen. Restaurant und Bar ra\mien, Gumpendorfer Str. 9, 1060 Wien
Mehr Texte von Iris Meder †

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