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... Berlin

Sie haben es wieder geschafft. Glücklich liegt die Besetzung hinter ihnen. Dabei kamen diese Franzosen doch aus New York, und nicht aus Paris.Vom Anfang. Juni bis Anfang Oktober haben sie die Neue Nationalgalerie und die umliegenden Bereiche besetzt gehalten für die Ausstellung des Metropolitan Museums of Art. Die leibhaftigen Franzosen unter ihrem Kaiser zogen schon im Jahre 1808 aus der Stadt heraus, die sie zwei Jahre lang besetzt hatten. Also wird nächste Jahr wohl ein hundertjähriges Jubiläum zu feiern sein, mit Nicolas Sarkozy als neuem Kaiser. Dergleichen, Jubiläen mit Feuerwerken, gefällt den Berlinern, denn sie sind `der Zukunft zugewandt`, vor allem der, die einmal war. Aktuell zeigte sich das am Zulauf für die Ausstellung des Metropolitan Museums of Art, die 660 000 Besucher angezogen hat. Das Soll ist über erfüllt und der scheidende Chef der Freunde der Nationalgalerie, Dr. Peter Raue, kann mit einer glanzvollen Bilanz den Chefsessel an Frau Dr. Christine Weiss übergeben, die seit ihren Zeiten als deutsche `Kulturministerin` auf dem glatten Parkett der Kulturförderung sich nicht nur bewegen , sondern auch Haltung beweisen kann. Die ersten Franzosen als Ankäufe für ein Museum, zumindest was Manet und Cezanne angeht, können sich die Berliner aufs Panier schreiben. Zu verdanken haben sie dies dem ehemaligen Direktor der Nationalgalerie Hugo von Tschudi. Der derzeitige Direktor Prof. Dr. Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin und Direktor der Nationalgalerie befindet sich auf dem Weg in den Ruhestand und die Zukunft lässt auf sich warten. Denn die Nachfolger haben sich selbst noch nicht ins Licht gewagt. Allenfalls wurde Namen hinein gezerrt, seien es die von Max Hollein oder Klaus Biesenbach. Max Hollein hat schon dankend abgelehnt. Schließlich müsste er sich in Berlin mit weniger bescheiden als in Frankfurt. Von Klaus Biesenbach hat man kein Wort vernommen. Der muss sich erst mal in New York als zuständiger Kurator für eine Sammlung, die er selbst ins Leben gerufen hat, etablieren. Zumindest sieht man diesen Zampano der Berliner Verhältnisse in der Stadt seines Aufstiegs nur noch selten. Und nach Berufung der neuen Kuratorin Susanne Pfeffer ist es stiller geworden im Haus in der Auguststrasse. Auffällig wird das Haus nur noch dadurch, das es schließen muss, weil nebenan ein Neubau, der auch die Fundamente berührt, entsteht. Bleibt die Frage, ob es jemand noch merkt, nachdem die letzte Ausstellung mit der Entdeckung Joe Coleman eine Verlängerung nach der nächsten erleiden musste. Oder war das nur die Probe auf die nächste Ausstellung, die sich dem Reenactement im Feld der zeitgenössischen Kunst widmet? Play it again, Sam. Das zumindest verlangt man vom neu ernannten Direktors des Neuen Berliner Kunstvereins nicht. Der heißt Marius Babias und gibt sich zwei Monate vor Amtsantritt keine Blöße, aber auch keine Präsenz. Das ist umso bedauerlicher, wird doch von diesem neuen Direktor die Rettung der Berliner Kunstlandschaft erwartet. Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema `Gegenwartskunst` sagte er kurzfristig ab. Aber zu dem Thema lässt sich auch wenig sagen, weil die Berliner vor allem um Hüllen streiten und weniger um Inhalte. Deshalb wünschte man sich die Stadt zuweilen hüllenlos. Aber dann würde die Besucher plötzlich entdecken, das die Stadt vor allem aus Attrappen besteht. Vielleicht besteht darin die Rettung: die Kunst der Attrappe.
Mehr Texte von Thomas Wulffen †

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