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XIV. Festival Rohkunstbau: Drei Farben - Weiß: Carte blanche

Das Festival Rohkunstbau hat sich in den letzten Jahren von einer ursprünglichen Off-Veranstaltung in Brandenburg zu einer überregional wahrgenommenen Institution für bildende und darstellende ortsspezifische Kunst etabliert. Dieses Jahr findet der zweite Teil der Reihe "Drei Farben" statt, die sich keck den Titel von Krzyzstof Kieslowskis berühmter Filmtrilogie geliehen hat; keck deshalb, weil die angedeutete Bezugnahme doch sehr im Vagen bleibt, von einer Auseinandersetzung mit dem genannten Werk ganz zu schweigen. Wie dem auch sei, die Farbe Weiß also steht - in dieser Konstellation der Trikolore wohlgemerkt - bekanntlich für Gleichheit. Im Katalog äußert sich der Philosoph Christoph Menke dazu folgendermaßen: "Der Gleichheitsbegriff meint überall etwas Unbedingtes. Er meint nicht Gleichheit in dieser und jener Hinsicht, sondern meint zunächst Gleichheit an und für sich. Die gibt es aber gar nicht." Mit diesem theoretischen Überbau nun ließ sich das kuratorische Konzept auch leicht dehnen, sodass mal in formaler Hinsicht (Ola Kolehmainen: das Gitter; Gerhard Richter: abstrakte Monochromie), mal auf - freilich diversen - inhaltlichen Ebenen das Prinzip des Egalitären zum Thema wird. Wenig überraschend sind jene Beiträge, die sich mit der diesjährig neu gefundenen Lokalität, dem Schloss Sacrow auseinandergesetzt haben, die spannendsten; denn trotz des unüberhörbaren Unmuts der Veranstalter angesichts des unfreiwilligen Umzugs kann diesem Tapetenwechsel durchaus Positives abgewonnen werden, handelt es sich doch um einen allemal geschichtsträchtigen Ort: In dem Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert schrieb einst Friedrich de la Motte Fouqué seine Undine, und auch Felix Mendelssohn-Bartholdy wurde hier von den Musen geküsst, zu DDR-Zeiten waren hier Zollverwaltung sowie eine Ausbildungsstätte für Wachhunde untergebracht, die Mauer verlief mitten durch das Parkgelände. Eine betörend atmosphärische Bildsprache fand Julian Rosefeldt für seine vor Ort entstandene vierteilige Videoarbeit "The Ship of Fools", die in starker Anlehnung an Casper David Friedrich facettenreich das Phänomen nationalen Identitätsgefühls - nicht nur angesichts eines deutschlandfahnenschwingenden Mobs - in melancholische Impressionen zu fassen sucht. Weitaus zurückgenommener ist Ayşe Erkmens Eingriff: Den axial auf den Park ausgerichteten Raum hat sie mit einer Bouroullecschen Kunststoffalgenwand abgetrennt, wodurch der Blick nach draußen zwar nicht verhindert wird, sondern vielmehr die ephemere Intervention das Gesehene filtert - eine formale wie inhaltliche Dekonstruktion der Mauer. Unter den insgesamt zehn Positionen, die jeweils einen Raum einnehmen, finden sich auch Beiträge von Thomas Demand oder Candice Breitz, die zwar durch das Ambiente durchaus reizvolle Reibungsfläche gewinnen (denn trotz der Aufnahme in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes besteht im Schloss Sacrow nach wie vor Sanierungsbedarf, was wiederum den so gerne eingesetzten Charme des Vergänglichen garantiert), im Gesamteindruck aber eher unvermittelt wirken. Man scheint also mehr auf prominente Namen gesetzt zu haben als auf ein stimmiges Ausstellungskonzept, bei dem man sich gescheut hat, wirklich Farbe zu bekennen - andererseits ist es ja nicht klar, ob es sich bei Weiß tatsächlich um eine Farbe handelt.
Mehr Texte von Naoko Kaltschmidt

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XIV. Festival Rohkunstbau: Drei Farben - Weiß
15.07 - 26.08.2007

Schloß Sacrow
14469 Potsdam-Sacrow, Krampnitzer Straße 33
Email: info@rohkunstbau.de
http://www.rohkunstbau.de/


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