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Jan Fabre - Die verliehene Zeit: Nebenschauplätze

Wer hätte gedacht, wie viel romantisches Potential in einem Bic-Kugelschreiber steckt? Dank Jan Fabre, dem notorisch vielseitigen belgischen Theatermacher, Performance-Künstler, Choreografen, Schriftsteller und Maler, stehen uns einige dieser Möglichkeiten klar vor Augen: Als Fotos von Schloss Tivoli bei Mechelen, das Fabre 1990 mit Stoffbahnen verkleidete, die zuvor mit Kugelschreibern über und über zugekritzelt worden waren. Die blaue Färbung löst das Gebäude von der Schwere seiner Physis. Wie schwebend in der Parklandschaft fotografierte Fabre das entwirklichte Schloss inklusive Reflexion im See im Wechsel der Tageszeiten. Fernand Khnoppfs symbolistische Träume von Brügge seien vor diesen Fotos wachgeküsst und René Magrittes "Reich der Lichter" komme. Mit der sehr eindrucksvollen Reminiszenz an das belgische Erbe der Romantik in der Salzburger Galerie Academia kriegen wir von Jan Fabre dieses Jahr aber noch längst nicht genug. Salzburg lässt sich zur Festspielzeit von dem Theateralchimisten verzaubern. Am 26. August findet die Uraufführung der für die Festspiele geschaffenen theatralischen Totenmesse "Requiem für eine Metamorphose" statt und im Rupertinum wird den Sommer über die große Fabre-Schau "Die verliehene Zeit" gezeigt. Die Ausstellung kombiniert ein Konvolut von Projektskizzen, Zeichnungen und (Denk-)Modellen des documenta 9- und Biennale von Venedig-Teilnehmers mit einer Auswahl von Fotografien neun befreundeter Fotografen von den aufgeführten Produktionen. Von Projekt zu Projekt lassen sich der Entwurfs- und ein visueller Endstatus einer langen Reihe von Theaterproduktionen miteinander vergleichen. In den höchst unterschiedlichen Skizzen kommt wieder der blaue Bic-Kugelschreiber ausgiebig zum Einsatz, doch auch Blei- und Farbstifte, Tusche, Aquarellfarben und sogar Silber. Die Skizzen Fabres lassen sich unzweifelhaft als Ideensammlungen verstehen: Hier sind es karikaturenartige Strichmännchen, dort denkt man eher an Johann Hauser und den Komplex der art brut, da sind es direkte Übernahmen aus berühmten Gemälden alter Meister. Die "Denkmodelle", deren eine größere Auswahl zeitgleich in der Galerie Mauroner am Ignaz Rieder Kai zu sehen ist, geben dagegen schon genaueren Einblick in Fabres Vorstellungen von räumlichen Lösungen. Die Dokumentationen der Fotografen, darunter Robert Mapplethorpe, Helmut Newton und Carl de Keyzer, repräsentieren wiederum die von den je verschiedenen Stilen geprägten Blicke von außen. Zu Fabres höchst individuellen Ideen werden höchst individuelle Impressionen addiert. Entwürfe und Fotos marginalisieren einander dabei allerdings gegenseitig zum Rahmen aus Fiktionen und Repräsentationen, der auf die Aufführungen als die eigentlichen Kunstwerke bloß verweist. Damit ist "Die verliehene Zeit" als Ausstellung das ideale Festspiel-Gimmick: Die Kunstdokumentation zum Theatralischen.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Jan Fabre - Die verliehene Zeit
28.07 - 28.10.2007

Museum der Moderne Salzburg Rupertinum
5010 Salzburg, Wiener Philharmonikergasse 9
Tel: +43 662 84 22 20.451, Fax: +43 662 84 22 20.750
Email: info@museumdermoderne.at
http://www.museumdermoderne.at/
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Mi 10-20h


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