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1. Internationale Push-Art Berlin: Kauziger Kommerz

Prominente Paten pushen - so ließe sich das Konzept der jüngsten Veranstaltung in der Berliner Volksbühne verkürzt darstellen. Als Reaktion auf den viel beschworenen aktuellen Kunstboom und speziell auf die steigende Bedeutung von Kunstmessen richtete die Berliner Theaterinstitution nun eine Art Alternativmesse aus. Mehr parodistisch wurden Leute aus dem Umfeld der Volksbühne gebeten, Kunstschaffende auszuwählen, die ihrer Ansicht nach zu wenig öffentliche Wahrnehmung genießen. Dieses durchaus offensichtliche Prinzip der Willkür wurde in der Gesprächsrunde mit Publizisten, Galeristen und Veranstaltern als nicht adäquater Gegenentwurf zu dem bestehenden Messebetrieb kritisiert, doch im Grunde veranschaulicht es nur jene Mechanismen, die auch sonst - nicht immer freilich und meist weniger eindeutig - zur Anwendung kommen. Das fast schon resignative Fazit der Diskussion war dann lediglich, dass alle am Kunstmarkt Beteiligten fremdbestimmt seien und also nicht frei agieren könnten, und dass Messen - trotz der Schwierigkeiten im Umgang mit dem Ausstellungsraum etwa - eine unbestreitbar wichtige Rolle im gesamten Kunstgeschehen spielten. Wie wesentlich dabei auch der kommunikative Aspekt ist, verdeutlichte der störende Lärmpegel während des Gesprächs, verursacht durch diverse anderweitige Konversationen. Schade nur, dass das (nicht mehr nur Theater-, sondern eben auch Kunst-) Phänomen Schlingensief an dieser so trefflichen Stelle nicht weiter besprochen wurde. Sein Kollege Bert Neumann war es, der 2002 für die Volksbühne die spektakuläre Neustadt-Architektur kreiert hatte, die nun zum Austragungsort der Push-Art umfunktioniert wurde. Bar jedes kuratorischen Leitfadens durchlief man also diesen Parcours, bei dem der Großteil doch recht belanglos und allzu ironisierend spielerisch daherkam. Hingegen überzeugen konnte diese Attitüde vor allem bei den Protegés des Hamburger Pudel Clubs: Neben Jacques Palmingers Auserwählten, die sich im Friseursalon dieses begehbaren Bühnenbildes austobten, fiel Sandra Wrampelmeyers Beitrag (eingeladen von Schorsch Kamerun) wohltuend auf: Sie gestaltete eine winzige Kammer mit unzähligen kleinformatigen, kindlich anmutenden Bleistiftzeichnungen, deren brachialer Duktus von feinsinnigem Humor kundet. René Pollesch, einer der Hausregisseure und künstlerischer Leiter des Prater, entschied sich für eine Videoarbeit von Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen, das dem Publikum mitunter bitterböse Einblicke in das Kunstmetier gewährt: Unsägliche Plattitüden und ernüchternde Impressionen bieten die nötige Portion Erdung und Kritik des gerne narzisstischen Kunstklamauks. Sympathisch hingegen die Darbietung von Michael Busch, der Super8-Material in Brakhage-Manier direkt bemalt und die Projektion teils auch selbst am Klavier mit deutlichem Bezug auf die Stummfilmzeit begleitet; Un chien andalou etwa taucht sowohl bei ihm als auch in der Videocollage von Boris Groys auf: Der Kulturtheoretiker sinniert hierbei über die (massen-) medialen Bedingtheiten und Potenziale des Films und findet passendes wie amüsantes Anschauungsmaterial bei jüngeren Blockbustern oder das ikonoklastische Treiben des Joker-Bösewichts mit Nicholsonschem Grinsen, um mit Monty Python zu schließen: "Always look on the bright side..."
Mehr Texte von Naoko Kaltschmidt

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1. Internationale Push-Art Berlin
21 - 22.06.2007

Volksbühne Berlin
10178 Berlin, Rosa-Luxemburg-Platz
Tel: +49.30.24 065 5, Fax: +49.30.24 065 642
Email: info@volksbuehne-berlin.de
http://www.volksbuehne-berlin.de/


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