
Nina Schedlmayer,
Hans-Peter Feldmann - Die Toten: Gleicher als gleich
"Stellen Sie sich vor", sagte Bettina Röhl im Februar 2005 in einem Interview mit der taz, "man würde Hitler, Goebbels, ums Leben gekommene namenlose KZ-Schergen und daneben die Familie der Anne Frank ausstellen und darunter schreiben: Die Toten des Zweiten Weltkriegs. Das würde man zu Recht als ziemlichen Affront gegenüber den Opfern empfinden."
Anlass für das Interview mit der Tochter von Ulrike Meinhof war die "RAF-Ausstellung" in den Berliner Kunstwerken. Kernstück der Schau und Stein des Anstoßes für Röhl war der 1998 entstandene Zyklus "Die Toten" von Hans-Peter Feldmann, der jetzt in der Kunsthalle Wien ausgestellt wird.
Derart spartanisch ging es hier überhaupt noch nie zu: Die 90 aus Zeitungen kopierten Fotografien der Toten - jener, die im Zusammenhang mit dem linksextremen Terror in Deutschland umgekommen waren - hängen, der Chronologie ihres Todes folgend, in der nunmehr sakral wirkenden Halle 1, lapidar nebeneinander - versehen mit Namen, Todesdatum, und am Schluss gibt eine Legende Auskunft über die Todesursachen der jeweiligen Personen. Im Foyer vermitteln zusätzlich Zeitungsausschnitte ein Bild von der Panik jener Zeit.
Was an Feldmanns Arbeit viele so irritiert, ist, dass er ein Archiv des kollektiven Gedächtnisses, über dessen Ordnung gesellschaftliche Übereinkunft geherrscht hat, durcheinandergebracht hat: Während üblicherweise in Täter- und Opfergruppen gedacht wird, herrscht hier das simple Prinzip der Chronologie. Das heißt aber noch nicht, dass Feldmann diese beiden Gruppen gleichsetzt, wie es ihm von Röhl und vielen anderen Kritikern vorgeworfen wurde: Auch wer viele der Toten nicht kennt, kann häufig - nicht immer - erraten, wer auf welcher Seite stand. So sind die RAF-Mitglieder oft in überästhetisierten Bildern abgebildet, die sie wie Heilige oder Märtyrer wirken lassen - Baader in einer Blutlacke, Holger Meins in weißem Sterbehemd mit gefalteten Händen, Michael Knoll auf einer Bahre aus einer verkürzten Perspektive aufgenommen, die an Mantegnas "Beweinung Christi" denken lässt. Die Opfer dagegen: Banker im Anzug, Offiziere in Uniform, Geschäftsleute in Aktion. Mit ihrer Bildpolitik sind, das führt Feldmanns Zyklus vor, die Medien der RAF selbst auf den Leim gegangen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

Hans-Peter Feldmann - Die Toten
16.03 - 29.04.2007
Kunsthalle Wien Museumsquartier
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521 89-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-19, Do 11-21 h
16.03 - 29.04.2007
Kunsthalle Wien Museumsquartier
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521 89-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-19, Do 11-21 h
Ihre Meinung
1 Posting in diesem ForumUnd Frau Schedlmayer ist ...
Walter Stach | 10.04.2007 10:41 | antworten
..., wie die meisten ihrer BerufskollegInnen, Feldmanns Spekulation mit der Meinungslosigkeit - Fotos, oder halt Fotovorlagen, sind ja "objektiv", wie ein Wörterbuch - auf den Leim gegangen, um einfach mit der RAF-Geschichte zu punkten, ohne selbst mehr als die Bewegung des Zeichenfingers zu riskieren.
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige