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Pierre & Gilles - Arrache mon coeur -: Neues aus Knackarschland

Wer mag eigentlich heute noch Marc Almond oder Nina Hagen hören? Zugegeben: Auch in Gürtellokalen gibt es neuerdings wieder Talking Heads und Laurie Anderson um die Ohren. Für Nachgeborene wohl ein hippes Retro-Ding, für Zeitzeugen Relikte aus der Zeit, als man Gaultier trug, Philippe Starcks \"Café Costes\" frequentierte und Tütenlampen subversiv waren. Ebenjener Zeit entstammt das Konzept von Pierre et Gilles\ malerisch verfremdeten Fotos: Post-Glam-Gay-Trash in der Nachfolge James Bidgoods, mit einem Schuss Vanitas bis zur Halb-Ernsthaftigkeit übersteigert. Unterdessen ist da draußen aber alles anders geworden: Das auf die Achtziger folgende Wallpaper-Jahrzehnt ist auch schon wieder vorbei, Flokatilampen gibt es jetzt bei Ikea und aufblasbare Sessel bei Möbel Lutz. Außer Fünfzehnjährigen interessiert Kitsch- und Trash-Ästhetik keinen mehr, und bei denen ist sie wenigstens authentisch. Auch Homo sein ist im Zeitalter der bekennend schwulen Oberbürgermeister von Paris und Berlin nicht mehr prinzipiell interessanter als Heterosexualität. Wo die Subversion ins Leere geht, wird es schwierig, ein so stark zeitgebundenes Arbeiten neu zu definieren. Pierre et Gilles tun es auch gar nicht und schaffen wie eh und je adoleszente Adonisse mit melonengleichen Hintern und trauerumflortem Blick im Glimmerregen. In ihren besten Momenten sind sie abgründig (Autoportraits sans Visages) oder erinnern an die Präraffaeliten, die Salonmalerei der Jahrhundertwende und Wilhelm von Gloeden (Mercure), in ihren schlechteren (etwa dem Hello-Kitty-Portrait) an das Achtziger-Jahre-Werk von Jeff Koons. Dahin, dahin die Zeiten, als Schwulsein allein schon eine ganze Lebenseinstellung begründete. Und das ist auch gut so.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Pierre & Gilles - Arrache mon coeur -
14.02 - 26.05.2002

Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
plakative sch...!
kitty | 20.04.2002 03:47 | antworten
nur plakative sch...!

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