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Vielstimmig

Auch wenn Österreich bei dieser WM nicht aktiv dabei sein darf, so ist man auf künstlerische Weise dafür gleich ziemlich zahlreich in der deutschen Hauptstadt vertreten, nämlich beim sonambiente-Festival, das ganz im Zeichen der Klangkunst steht. Um nur einige zu nennen: Die Herren von [dy`na:mo], die in Wien auch das "fluc" betreiben, beschallen etwa den Potsdamer Platz, das Duo tamtam (Sam Auinger/Hannes Strobl) wählte dafür eine Kirche, Werner Reiterer stellt ebenso aus wie nicht zuletzt auch Bernhard Leitner, der sowohl eigene Arbeiten beisteuert, als auch einige seiner Studierenden für eine gesonderte Schau jüngerer Positionen auswählte. Leitner gehört zu jenen Pionieren, die bereits bei der ersten Ausgabe des Festivals vor zehn Jahren vertreten waren; auf den damaligen Rausch der politischen wie urbanistischen Umwälzungen reagierte man durch das Aufspüren nicht institutionalisierte Orte, doch die Tatsache, dass es sich um Klangkunst handelte, war die eigentliche Sensation. Denn zu der Zeit war jene Kunstgattung gerade erst im Entstehen begriffen, ja die einstige Schau will bei diesem Prozess eine Rolle gespielt haben. Nun galt es, an diese Vorgaben anzuknüpfen. Herausgekommen ist eine Vielzahl ambitionierter Kooperationen und Zusatzprogramme (theatrale, konzertante Aufführungen, eine von Bady Minck kuratierte Filmreihe, Fortsetzungen im Radio und Internet etc.), die es in Summe aber erschweren, den Überblick zu bewahren. Mehr als 20 verschiedene Ausstellungsorte strapazieren schlichtweg, immerhin wird den einzelnen Arbeiten aber meist genügend Raum gewährt. Renommierte, auch im breiteren Kunstgeschehen Tätige wie Candice Breitz, Janet Cardiff & George Bures Miller, Carsten Nicolai oder auch Pipilotti Rist & Gudrun Gut aka gutarist nehmen ebenso an der Schau teil wie weniger prominente. Die verstärkte Auseinandersetzung mit dem Klang hat sich mittlerweile zu einem gängigen Phänomen entwickelt, und so ermöglicht die zeitgenössisch ausgerichtete Überblicksschau, dem Sound größere Aufmerksamkeit zu widmen; der Fokus liegt auf verschiedensten Aspekten, sei es die Musik (Artur Zmijewskis Video "Our Songbook", das emigrierte polnische Juden und deren Erinnerungen an Lieder ihrer Jugend eindrucksvoll portraitiert), sei es die Materialität von Tonträger und Wiedergabegeräten (Joanna Dudleys intime Installation "Tom`s Song"; beide zu sehen in der wunderbar verfallenen ehemaligen polnischen Botschaft) oder auch die somatische Erfahrung einer Komposition ("Réactions épidemiques" von Lynn Pook & Julien Clauss), neben erwartungsgemäß etlichen an John Cage geschulten Ansätzen. Den transitorischen Zauber einer instrumentalen Einspielung sowie das geradezu symbiotische Moment audiovisueller Werke konnte die Darbietung filmischer Arbeiten von Nina Fischer & Maroan el Sani in musikalischer Begleitung von Robert Lippok beeindruckend unter Beweis stellen. Und gleichzeitig demonstrieren, dass Klangkunst - so dezent, reduziert oder gar versteckt sie sich (häufig) gerieren mag - immer von heterogener Beschaffenheit ist, und dass diese Verschränkungen einen wesentlichen Reiz dieser Kunstgattung ausmacht. (Berlin, diverse Ausstelllungsorte, bis 16.07.2006) www.sonambiente.net
Mehr Texte von Naoko Kaltschmidt

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