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Fiona Tan - Mirror Maker: Stillstand in Bewegung

Fiona Tan ist viel auf Reisen. Sie versteht das Unterwegssein als Instrument für ihre Arbeit, in der sich eine besondere Sensibilität für kulturelle Unterschiede formuliert. Die Künstlerin (geboren 1966) wuchs als Tochter einer Australierin und eines Chinesen in Indonesien auf, bevor sie über Umwege in Amsterdam landete, wo sie nun lebt und arbeitet. Doch man darf diese biografische Komponente nicht überstrapazieren, damit würde ihr Werk ungebührend reduziert. Ihr gleichsam ethnografischer Blick widmet sich nämlich - trotz der leisen, niemals aber didaktisch geäußerten Bilderskepsis - vorrangig dem Individuum innerhalb von Gruppierungen, die eben auch soziale Zugehörigkeit implizieren. In der Installation "Tuareg" wird ein frühes Dokumentarfilmfragment verwandt, das mehrere Kinder beim Posieren wie für ein Foto zeigt; neben der ergreifend heiteren Stimmung kommt hier ein nicht unwesentlich durch das eingesetzte Medium konstruierter, kolonialer Blick zur Vorführung. Das kurzzeitige Anhalten des Films (ein quasi zum Foto werdender Freeze Frame) sowie die Ergänzung des Tons durch die Künstlerin brechen das gewohnte Kontinuum. Bei der Filminstallation "Countenance" kommt ein ähnliches, wiewohl invertiertes Verfahren zur Anwendung: Die erstmals auf der Documenta 11 gezeigte Arbeit ist der Versuch einer gesellschaftlichen Bestandsaufnahme des heutigen Berlins. In Auseinandersetzung mit August Sander und vergleichbar mit Andy Warhols "Screentests" sind auf drei Leinwänden für je ca. eine Minute ganzfigurige Portraitaufnahmen in Schwarzweiß gegeben. Die Dargestellten der Serie blicken in die Kamera, verharren dabei mehr oder weniger ruhig, wodurch der artifizielle Charakter des Genres zutage tritt. Die Arbeit wird komplettiert durch einen weiteren, kleineren Screen, auf dem zunächst Fiona Tan selbst zu sehen ist, später in schnellerem Ablauf viele andere Gesichter; begleitet wird diese Abfolge von gelesenen, Tagebucheinträgen gleichenden Überlegungen, in denen neben der Beobachtung des (eigenen) Fremdseins auch die Schwierigkeiten archivarischer Vorgehensweisen reflektiert werden. Der Titel der Ausstellung "Mirror Maker" ist angelehnt an die gleichnamige Erzählung von Primo Levi, in der Spiegel vorkommen, die das Bild zeigen, das sich andere von einem machen. Darum geht es bei Fiona Tan, um die sich jeweils durch die individuelle Betrachtung verändernde Repräsentation, Interpretation und somit auch um Identität selbst - diese versteht sie nicht als starre Entität, sondern als stets in Bewegung befindlicher Prozess.

Mehr Texte von Naoko Kaltschmidt

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Fiona Tan - Mirror Maker
01.06 - 13.08.2006

Landesgalerie Linz
4010 Linz, Museumstrasse 14
Tel: +43 732 7720 52200, Fax: +43 732 7720 252199
Email: galerie@landesmuseum.at
http://www.landesgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-21 h


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