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Das unmögliche Theater - Performativität im Werk von Pawel Althamer, Tadeusz Kantor, Katarzyna Kozyra, Robert Kusmirowski und Artur Zmijewski: Vom Scheitern einer behaupteten Vaterschaft

Tadeusz Kantor (1915-1990) wurde berühmt für sein experimentelles Theater, das kein unmittelbarer Abklatsch der Realität ist, sondern in der Überschreitung zwischen Kunst und Leben das Unmögliche, Phantastische und Unbekannte erprobt. Dafür hat er sich inspirieren lassen von uralten Bräuchen, magischen Praktiken und Festen. Nicht nur laut, wild und schrill ging es auf seinen Bühnen zu, die Schauspieler wurden manchmal zu Puppen degradiert und Puppen zu Schauspielern. Ungewöhnliche Kostüme, die sich manchmal gar zum Ballast auftürmten, behinderten sie in ihrer Bewegung. Für "Die Begegnung mit dem Nashorn" (1968) mutierte der Akteur gleichsam selbst zum Nashorn - gepanzert mit mehreren Rucksäcken. Im "Wasserhuhn" wurde der Zaubertrick von der `In der Mitte durchgesägten Frau` für die Bühne adaptiert und eine Schauspielerin trug ein Kostüm, das wie ein orthopädisches Ersatzteil anmutete. Kantor war auch Zeichner und Künstler. Als solcher inszenierte er Happenings - wie "Eine erotische Manscherei" in Tomatensaft am Strand, oder "Das Seekonzert", bei dem ein Dirigent die Wellen dirigiert. Auch machte er - so würde man heute sagen - Aktionen im öffentlichen Raum: die wie ein Denkmal dastehende "Menschliche Emballage" in Nürnberg 1968 war ein in Papierbahnen eingewickelter Performer. Besonders das Motiv der "Emballage", des mit Papier Einwickelns, hat Kantor seit den frühen 60er Jahren zeichnerisch oder per Manifest ausformuliert - und somit das Motiv der Verpackung zeitgleich mit Christo erfunden. Was damals dem Exzentriker gelang, die Gattungen zwischen Theater, Performance bzw. Happening zu überschreiten, erweist sich heute als ungleich schwieriger. Neben Zeichnungen, Requisiten und Dokumentationen von Happenings und Theateraufführungen von Kantor zeigen die Kuratorinnen Sabine Folie (Kunsthalle Wien) und Hanna Wróblewska (Zacheta National Gallery of Art, Warschau) nämlich auch Installationen und Videos von zeitgenössischen polnischen Künstlerinnen und Künstlern. Kantor soll hier sozusagen zum "Vater" einer künstlerischen Strömung gemacht werden. Doch allein sein vielfältiges schillerndes Werk scheint sich dem schon zu entziehen - zu eigenwillig erscheint der Inszenator des "Theater des Todes". Und zu weit gefasst ist der Begriff der "Performativität", als dass er als Klammer für die ausgewählte jüngere Künstlergeneration herhalten kann: mal ist es der Selbstversuch wie bei Katarzyna Kozyra, mal die Inszenierung von sozialen Randgruppen wie bei Artur Zmijewski, mal die in der Ausstellung nicht sichtbare "szenische Vorgabe" für die Aufsichten der beiden beteiligten Kunstinstitutionen durch Pawel Althamer oder das Spiel mit Realität und Nachahmung in einer Installation, die an die Bühne von "Die tote Klasse" Kantors erinnert, durch Robert Kusmirowski. So verblassen die Arbeiten der jüngeren KünstlerInnen aus Polen - obwohl alle, mit Ausnahme des jüngsten, Kusmirowski, derzeit internationale Beachtung finden.
Mehr Texte von Andrea Domesle

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Das unmögliche Theater - Performativität im Werk von Pawel Althamer, Tadeusz Kantor, Katarzyna Kozyra, Robert Kusmirowski und Artur Zmijewski
08.07 - 03.11.2005

Kunsthalle Wien Museumsquartier
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521 89-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-19, Do 11-21 h


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