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Gustav Metzger - Geschichte Geschichte: Destruktion/Körperlichkeit/Dauer

Gustav Metzger, Der 79jährige Künstler und Theoretiker der Auto-Destructive Art ist auch heute eher in Fachkreisen bekannt, trotz seines eminenten Beitrags zur Erweiterung und Änderung des Kunstbegriffs. In seinem ersten Manifest vom 4. November 1959 fordert er, dass die Auto-Destructive Art eine Lebenszeit hat, die von einigen Momenten bis höchstens 20 Jahren reiche. So ist von seinen sich selbst zerstörenden "Gemälden" der 1960er, die sich beim Auftrag von Säure auf Nylon vor den Augen der Zuschauer auflösten, nichts mehr erhalten. Anderes, wie sein geplanter Beitrag für die Documenta 5, 1972, "KARBA", ist nie realisiert worden. Hier sollten die Abgase von vier Autos während der Dauer der Ausstellung in einen transparenten Plastikkubus geleitet werden, bis sich dieser verfärbt und auch weiteres denkbar ist. Seinen Aufruf zum Kunststreik 1974 als Beitrag bei der Ausstellung "Art into Society - Society into Art. Seven German Artists" im ICA in London hat er selbst zwischen 1977 bis 1980 befolgt. Nicht nur, dass die Zeitgenossen mit Metzgers Kunst ihre Schwierigkeiten hatten, seiner kritischen Haltung gegenüber dem Kunstbetrieb ist man wiederum durch Negierung seiner Kunst begegnet. Wie sonst nur Joseph Beuys hat Gustav Metzger in die bildende Kunst das gesellschafts-politische Agieren, das Wort und die Sprache einbezogen. Seine Medien waren in den 1960er Jahren neben den Manifesten vortragsartige Demonstrationen, die Organisation des Destruction in Art Symposium 1966 in London, die Inszenierung von Ereignissen in den 1970ern sowie in den 1980er Jahren Reisen quer durch Deutschland, Schweiz, Italien, Frankreich und Holland, bei denen er Vorträge hielt. Des Weiteren engagiert sich Metzger in der Anti-Atomkraft-Bewegung. Als der Künstler 1994 nach London zurückkehrte, hatte man ihn auch dort weitgehend vergessen. Die Ausstellung in der Generali Foundation kann somit Metzgers Werk in weiten Teilen nur in Fotos, Filmen und Veröffentlichungen dokumentieren. Von den Kunstereignissen oder aber auch von Denkmälern sind Modelle, die meistens Entwürfe blieben, zu sehen. Diese zeigen jedoch nicht mehr den ursprünglichen, sondern einen überarbeiteten, weitergedachten Zustand. Objekthafte Exponate dieser Jahre sind Projektionen, die auf Versuche mit Flüssigkristallen basieren, sowie zwei Installationen, die auf wissenschaftlichen Experimenten aufbauen. Das nüchterne, sich den traditionellen Kunstformen entziehende Erscheinungsbild ändert sich mit einer neuen Werkserie, die seit 1994 entsteht: die "Historic Photographs". Alte Schwarzweißaufnahmen sind vergrößert in Installationen so integriert, dass die Betrachtung nur durch eigene Aktion möglich ist: Bei einem Werk muss man, um das Bild zu sehen, unter ein auf dem Boden ausgebreitetes Tuch kriechen, bei einem anderen führt der Weg entlang eines Vorhangs so eng, dass man ganz nah an die Bildoberfläche gepresst wird. Und damit nah an die Ereignisse: den Anschluss in Wien im März 1938 oder an das Massaker in Jerusalem vom 8. November 1990. Gustav Metzger, der jahrelang auf das Wort und die Sprache und damit auf den Intellekt vertraut hat, setzt nun auf ein körperliches Nachempfinden, das damit wie eine Kritik an der Verständnisfähigkeit erscheint. Metzger ist der Sohn von orthodoxen Juden aus Galizien/Polen, die in Nürnberg deportiert wurden. Seine Autodestruktionskunst hat er somit auch als die noch einzige mögliche Kunst nach dem Holocaust verstanden. Doch kann man einem zerstörerischen Zeitalter nur mit Zerstörung bzw. Entzug begegnen? Lässt sich angesichts zerstörerischer Prozesse in der Kunst der Mensch von den seinen abhalten? Die "Historic Photographs"-Serie halten dagegen Körperlichkeit und Dauer.
Mehr Texte von Andrea Domesle

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Gustav Metzger - Geschichte Geschichte
11.05 - 28.08.2005

Generali Foundation
1040 Wien, Wiedner Hauptstrasse 15
Tel: +43 1 504 98 80, Fax: +43 1 504 98 83
Email:
http://foundation.generali.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Do 11-20, Sa, So 11-16h


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