Werbung
,

Chris Burden - Oleg Kulik: Träumende Buben

Gegensätzlicher könnten die beiden Positionen nicht sein: auf der einen Seite der Technik begeisterte amerikanische Künstler, bekannt durch seine martialischen Inszenierungen von gewaltigen Maschinen, welche die Ausstellungsräume zu bersten drohen. Auf der anderen Seite der russische Künstler, bekannt durch seine die eigene Körperlichkeit testenden Extrem-Performances im öffentlichen Raum. Chris Burdens jetzige Präsentation von "Brücken" in der Galerie Krinzinger hat jedoch den Charme eines Bubenkinderzimmer, das in der gutbürgerlichen Stube der Mama eingerichtet ist: In einer Reihe von Grafiken bezieht sich der Künstler auf seine Quellen: Brückenkonstruktionen, vor denen ein Junge andächtig liegt - entnommen aus Bastelanleitungen bekannter Spielzeughersteller. Burden gebiert sich hier wie "der kleine Ingenieur": die Grundbauteile für Brückenkonstruktionen hat er nämlich in Edelstahl nachgießen lassen, aus denen er sich dann seine beliebtesten Brückenmodelle nachbaut: Die "Victoria Falls Bridge", die "Tower of London Bridge", die "Indo-China Bridge", allesamt weltbekannt, sind so als edle Zimmerskulptur zu sehen. Chris Burden führt somit sein Schaffen in die Welt seiner Kindheit - ein bekannter Topos der Avantgarde - zurück. Auch Oleg Kulik offenbart mit seiner zweiteiligen Videoprojektion "System of Coordinates" Werkzusammenhänge. In seinem Atelier hat er ein bacchantisch-dionysisches Gelage inszeniert. Nackte männliche und weibliche Körper werden von ihm wie Versatzstücke arrangiert und dirigiert. Es gibt zwei Ebenen: eine durchsichtige Wasserwanne, in der sich verschiedene Paare tummeln - weit darunter ein Knäuel von Menschen. Der filmende Künstler befindet sich selbst unter ihnen. Es gibt mehrere Blickwinkel, welche die Rolle des Beteiligten und des Zuschauers ständig miteinander verschränken: aus dem Planschbecken durch das Wasser herab auf die nun wie Wassergeister verschwommenen Gestalten - sowie herauf auf die Körperabdrücke und -offenbarungen. Der Blick auf die gegenseitige Nacktheit sowie nach außen, auf Kunstwerke an den Wänden und andere Personen, die ins Atelier getreten sind, und umgekehrt. Dazu eine Akkordeonspielerin und ein Sänger, beide sichtlich deplaziert, die ihre bekannten Lieder zum Besten geben. Wie Oleg Kulik einst in ein Karpfenbecken gestiegen ist, das auf einem öffentlichen belebten Platz aufgestellt war, und die Fischleiber sich eng an ihn geschmiegt haben, bewegt er sich im Menschengetümmel. Die jungen Frauen und Männer werden zum Körperversuch herangezogen. Indem jedoch immer wieder ein Porträt aus der hellen Körpermasse fokusiert wird, wird der Menschenversuch menschlich gehalten - verschüchterte und verunsicherte schöne Köpfe. Hat so die Menschheitsgeschichte angefangen?
Mehr Texte von Andrea Domesle

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Chris Burden - Oleg Kulik
09.04 - 25.06.2005

Galerie Krinzinger
1010 Wien, Seilerstätte 16
Tel: +43 1 513 30 06, Fax: +43 1 513 30 06 33
Email: krinzinger@galerie-krinzinger.at
http://www.galerie-krinzinger.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa 11-14 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: