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Das war`s

Die Würfel sind gefallen, alle Preise sind vergeben. Nicht jeder ist mit der getroffenen Wahl glücklich: Der Goldene Bär ging an "U-Carmen eKhayelitsha", die Verfilmung der Oper Carmen von Georges Bizet in der südafrikanischen Landessprache Xhosa (das artmagazine berichtete), ein Film, den kaum jemand für den besten dieser in künstlerischer Hinsicht nicht eben herausragenden Berlinale hielt. Der Silberne Bär ging an die chinesische Produktion "Kong Que" ("Peacock") von Gu Changwei. Hier wären Zweifel schon weniger angebracht. Der Film, der die Geschichten von drei Geschwistern im China der siebziger Jahre erzählt, endet mit der schönsten Metapher für das Glück, die man seit langem sehen konnte: Ein Pfau im Zoo, von den vorüber ziehenden Familien der drei Hauptfiguren zum Öffnen seiner Schwanzfedern aufgefordert, schlägt sein Rad ganz unerwartet doch noch, aber erst als die, die sich das so sehnsüchtig gewünscht haben, es nicht mehr sehen können. Ebenfalls auf Konsens stößt die Entscheidung einen Silbernen Bären für das Drehbuch zu "Tian Bian Yi Dou Yun" ("The Wayward Cloud") von Tsai Ming-Liang zu vergeben. Die immer wieder rätselhafte Geschichte verschiedenartigster zwischenmenschlicher und sexueller Begegnungen macht, unterbrochen durch musicalartige Showeinlagen, die Wassermelone zu Metaphysik. Leer dagegen gingen u.a. der sehr lustige Episodenfilm "One Day in Europe" von Hannes Stöhr, Christian Petzolds 90%-Meisterwerk "Gespenster" und das gelungene dänische Psychodrama "Anklaget" aus. Von den glanz- und glamourträchtigen Hollywood-Produktionen, die offensichtlich dazu dienen sollten, einige amerikanische Stars auf den roten Teppich vor dem Berlinale Palast zu holen, braucht hier nicht weiter die Rede zu sein, außer dass nicht zu verstehen war, warum beispielsweise eine anspruchslose Routinekomödie wie "Hitch - Der Date-Doktor" mit Will Smith es in den Wettbewerb schaffte und viel bessere Filme wie die feine kirgisische Tragikomödie "Saratan" über die Bewohner eines Bergdorfes zehn Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, "The Dying Gaul", ein bösartiges Drama über Betrug, Heuchelei und die Frage, ob Schwulsein im amerikanischen Film möglich sein kann, oder eine beschwingte Coming Out-Komödie um eine französische Familie mit dem zweideutigen Titel "Crustacés et Coquillages" nur in andere Programme. Man musste sich in der Tat eher die diversen anderen Programmen ansehen, um den Reichtum dieser Berlinale zu begreifen. Zwei Schwerpunktthemen sind dabei heraus gestochen, über die viele spannende Dokus liefen: Sexualität und Nationalsozialismus. Rosa von Praunheims "Männer, Helden und schwule Nazis" beleuchtet ein fast schon masochistisch zu nennendes Kapitel von homosexuellem Fetischismus. "Gender X" erzählt dagegen von Drag Queens in Berlin. "That Man - Peter Berlin" wiederum handelt von einer Ikone des schwulen Pornos der Siebziger. "Inside Deep Throat" dagegen rollt auf, welche Folgen der Hetero-Porno "Deep Throat" ab seiner Premiere 1972 für die Sexualgeschichte Amerikas hatte. Viel Stoff zur Diskussion bot auch "Das Goebbels Experiment", ein Film, der ausschließlich aus von Udo Samel gelesenen Zitaten aus dem Tagebuch von Joseph Goebbels und diesem Text unterlegtem Film- und Fotomaterial bestand. Zuallererst stellt sich nämlich schon die Frage, warum man überhaupt einem Täter so viel Raum geben muss. Da war nichts zu erfahren, das man nicht vorher schon wusste. Statt dessen wurde einem einer der schlimmsten Verbrecher des Naziregimes als Mensch beinahe sympathisch - eine völliger Verkehrung dessen, was die Filmemacher Lutz Hachmeister und Michael Kloft offensichtlich beabsichtigt hatten. Manches kann man eben doch nicht ohne Kommentar stehen lassen. Aber dafür sind Festivals ja da. www.berlinale.de
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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