Manfred M. Lang,
Flick und seine Künstler
Ich war in Ligurien. Also wollte ich über gutes Essen und Trinken herumglosseln.
Vor dem Essen lese ich aber meist noch gern in Zeitungen herum. Und da mehr Deutsche als Österreicher diesen gesegneten Landstrich besuchen, finden sich statt Presse oder Standard häufig die FAZ oder Die Zeit.
Letztere z.B. befragt im dieswöchigen Feuilleton bekannte Künstler zu der diesen Dienstag eröffneten Flick Collection in Berlin. Was soll ich da bei diesen fast durchwegs scheinheiligen Kommentaren noch über ein makelloses im Hals stecken gebliebenes bollito misto schreiben?
Wie sie sich alle winden und nörgeln und sich beschweren und jammern und sippenhaften.
Wie beschämend und unappetitlich diese Ausstellung denn wäre, wo doch die Sklavenarbeit der Zwangsarbeiter das Flickvermögen geschaffen und den Ankauf der Sammlung überhaupt erst ermöglicht hat.
Für Gerhard Richter z.B. ist dies alles nur "ekelhaft". Für Luc Tuymans ist an der ganzen Sache ohnehin nur der deutsche Staat schuld, Thomas Schütte urteilt zwar etwas milder, weil "doch jeder von uns irgendwo einen Nazigroßvater hat", wird aber der Eröffnung "jedenfalls fernbleiben". Und Thomas Struth geht
s nicht so sehr um Schuld sondern um verpasste Gesten. All die genannten Künstler sind mit mehreren Arbeiten in der Flick Collection vertreten. Interessant ist bei all diesen Statements, dass kein Künstler vermeldet hat, dass er bei den Flickschen Ankäufen von dessen Vergangenheitsbelastung absolut nichts gewusst hätte und gerne den Kaufpreis refundieren würde, bekäme er nur seine Arbeiten wieder zurück. So ekelhaft scheint dann selbst für Gerhard Richter das zwangserarbeitete Flickvermögen doch wieder nicht zu sein. Und das ist für mich z.B. wenn schon nicht ekel- dann zumindest unehrenhaft. Aber was soll uns das in Wirklichkeit berühren. Wir haben ja unsere jammernden und sich windenden und beschwerenden und nörgelnden Kofferschriftsteller. Aber bei dieser Causa leidet zumindest die Vorgangsweise unter der unsensiblen Nenningpräpotenz. Und die kofferige Verpackung ist ja nun wirklich hässlich.
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