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Heavenly Creatures: Sanfter Schrecken

Der amerikanische Künstler Mike Kelley - der die zur Zeit im MUMOK laufende Ausstellung "Das Unheimliche" kuratiert hat - führte in seinem Artikel "Urban Gothic" (Spectacle, no. 3, 1985) den Begriff "new romanticism" in die Kunstwelt ein, der mit der diesjährigen Whitney Biennale neue Aktualität erhielt. Eine junge Generation von Künstlern arbeitet in nostalgischer Weise in historischen Kunststilen, sehnsüchtig in die Vergangenheit blickend. Doch in all ihren Arbeiten sind latent kritische Akzente und mögliche Alternativen zur gegenwärtigen Gesellschaft enthalten. Die anlässlich der Salzburger Festspiele von der Künstlerin und Galeristin Lisa Ruyter gemeinsam mit dem Kurator Max Henry konzipierte Ausstellung "Heavenly Creatures" stellt diese mittlerweile nicht mehr ausschließlich auf Amerika beschränkte Kunstströmung in Österreich vor. Der Ausstellungstitel verweist auf den gleichnamigen Film von Peter Jackson über zwei heranwachsende Mädchen, die ihre Mutter ermordet haben sollen. Immer wieder wird das Motiv der Verdoppelung von Identitäten, ihre Vervielfältigung samt ihrer Auflösung im Fluss des persönlichen Erzählens erforscht: in den farbigen Papierarbeiten des Whitney Biennale Teilnehmers Hernan Bas, der für sich den Ausdruck "nouveau sissies" erfunden hat, in den gekonnt ungekonnten malerischen Ölbildern des aus Japan stammenden Tam Ochiai oder in der Installation mit einer collagierten Wandarbeit der Vorreiterin des dunklen Sublimierens Rita Ackermann. Die gezeigten Werke - ausschließlich Bilder und Zeichnungen - die zu kontrastierenden Sets gemischt werden, vermitteln abwechselnd ambivalent gemütvolle und figurativ-retrospektive Inhalte und Formen, die schon Fredric Jameson vorausblickend als hysterisch erhaben bezeichnet hat. Die Arbeiten der "Next Generation" beinhalten Anspielungen auf Psychedelisches, Kabbala, Communityspirit, Dandytum, Märchen und pubertäre Sexualität. Wo immer der Betrachter hinschaut, sieht er teils paranormale, teils kultiviert imaginäre Transformationen des urbanen Biotops und seinen gefallenen Schönheitsidealen aus der Mode, Popindustrie und den Subkulturen der (amerikanischen) Jugend. Sanfter Schrecken, die Unentschiedenheit einer Adoleszenz, zwischen Begehren und Qual auf der Suche nach neuen Eigenwerten bestimmen auch die Malereien von Munro Galloway, der seine porträtierten Figuren nie in ganzer Gestalt, sondern im Ausschnitt, hinter schwarzer Brille oder romantisierend mit dem Rücken zum Betrachter gekehrt, malt. Möglicherweise blicken diese himmlischen Kreaturen auf etwas, was wir jetzt noch nicht sehen können.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Heavenly Creatures
22.07 - 31.08.2004

Kunstraum Deutsche Bank
5020 Salzburg, Schwarzstraße 30
Öffnungszeiten: Mo-Sa 10-18 h


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