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Erwin Thorn - approaching space – androgynous approaching space – meta-a-morphosis: Biancata, der weiße Horizont

Im Hauptraum der Galerie findet sich eine Art nach vor geneigter Säule, die aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit einer Erbsenschote den Namen Piselli (italienisch für Erbsen) trägt. Die Skulptur droht jeden Moment vornüber zu kippen und krachend zusammenzubrechen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Arbeit an einem dünnen Seil an der Decke fixiert ist.

Derartig humorvolle reduzierte Überraschungen sind typisch für das Werk von Erwin Thorn. 1930 in Wien geboren, überlebte er die Nazizeit nur, weil seine Eltern rechtzeitig nach Palästina fliehen konnten. Von 1938 bis 1952 blieb Israel seine Heimat. Dort lebte er in einem Kibbuz und landete schließlich in Wien, wo er ein Grafikstudium an der Angewandten begann. Seine grafische Könnerschaft zeigt die Galerie Kargl auch in einigen Monotypien, die zum einen in ihrer Farbgebung und der seriellen und achsialen Gestaltung sehr an ihre Entstehungszeit in den 50er Jahren erinnern. Zum anderen sind auch aufgetragene fleckenähnliche Monotypen zu sehen, die an zerlaufende Wasserfarben oder an den atmosphärischen Eindruck früher Beuys-Arbeiten denken lassen. Auch das Werk seines Zeitgenossen Hans Bischoffshausen ist in diesem Zusammenhang zu nennen.

Der Großteil der in der Galerie präsentierten Werke stammen aus den 1950er, 60er und vom Anfang der 1970er Jahre. Als 1958 die Gruppe ZERO in Düsseldorf von Otto Piene, Heinz Mack und Günther Uecker gegründet wurde, trat sie mit der Idee an, eine Nachkriegskunst der Stunde Null zu schaffen. Keine Vorfahren, keine künstlerischen Strategien sollten stilbildend sein. Der politische und kunsthistorische Ballast war abzustreifen und die künstlerische Zukunft sollte neu gedacht werden. Mit diesen Ideen sympathisierend entstand das Frühwerk von Erwin Thorn. So dominieren in seinen Arbeiten, wie auch in denen von Gunther Uecker aus dieser Zeit, die weiße Farbe.

Thorn gefiel der Gedanke einer Tabula rasa und er begann mit Polyester, Fieberglas, Jute zu experimentieren. Er bearbeitete das Trägermaterial mit Ausbuchtungen nach innen und außen – konvex, konkav –, die mit der Zeit raumgreifend wurden. Darüber legte er eine weiße Farbschicht. So arbeitete sich Thorn quasi von innen nach außen, auch zu sehen an einer Faltung aus Gips die die Mitte eines vertikal rechteckigen Bildes betont. Gerade mit dieser Arbeit setzt sich Thorn einem Vergleich mit Lucio Fontana aus, der die Leinwände damals aufschlitzte während Thorn etwas hinzufügte.

Im Laufe der Jahre wurden die Bilder immer mehr zu Körpern. Eine Arbeit von 1968 trägt den Titel „Inhaltsanalyse“ und meint das Heraustreten der Leinwand über den Keilrahmen hinaus, sodass sie wie ein aufgespanntes Tischtuch, das über den Tisch hinaus fließt, wirkt. 

Thorn ist ein zutiefst theoretischer Künstler. Es interessieren ihn die Beziehungen des Betrachters zu den Objekten und auch welche Veränderungen durch die Objekte im Raum entstehen. Es sind die uralten Fragen der Skulptur, die ihn beschäftigten. Seine Lösungen sind zarte stille Körper, die nur behutsam den Raum verändern. 

In den 1960er Jahren ist er international gemeinsam mit Lucio Fontana und Enrico Castellani zu sehen und nimmt auch regelmäßig an Ausstellungen in der Galerie nächst St. Stephan und der Modern Art Galerie von Grita Insam teil. 1960 ist er auf der Biennale in Cincinnati vertreten.
1979 folgt noch eine Ausstellung bei Grita Insam. Dann versiegt langsam die Ausstellungstätigkeit. 2008 und 2010 entdeckt Georg Kargl das Werk dieses untypischen Österreichers neu und zeigt seine Arbeiten in der Georg Kargl Box und im Raum Georg Kargl Permanent.

Seinen Nachlass vermacht Erwin Thorn Georg Kargl. Inés Lombardi und Vanessa Joan Müller zeigen nun diese neu zu entdeckten Werke in einer museal anmutenden Schau.

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Erwin Thorn - approaching space – androgynous approaching space – meta-a-morphosis
17.05 - 20.07.2024

Galerie Georg Kargl
1040 Wien, Schleifmühlgasse 5
Tel: +43 1 585 41 99, Fax: +43 1 /585 41 99-9
Email: office@georgkargl.com
http://www.georgkargl.com
Öffnungszeiten: Mi-Fr 13-19
Sa 11-16h sowie nach Vereinbarung


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