Heimo Zobernig: Projektionsdisco
Beschränkung ist Heimo Zobernigs Sache nicht. Seit jeher bedient sich der Künstler der unterschiedlichsten Medien, produziert Videos, Gemälde, Raum erfüllende Interventionen, Text-Grafiken und Skulpturen. Dabei ist es nicht schiere Gestaltungslust die ihn antreibt, sondern ein historisch-wissenschaftliches Interesse an den Sprachformen der Kunst. Heimo Zobernig hinterfragt tradierte Gestaltungsprinzipen ebenso wie institutionalisierte Präsentationsformen. Dabei re-editiert er gerne und immer wieder früher gefundene Lösungen und stellt diese in neue Zusammenhänge.
In der Galerie Meyer Kainer begegnen uns im ersten Raum drei Bronzeskulpturen in denen Zobernig seine Arbeiten mit Schaufensterpuppen wieder aufgreift. Nur grob von den Gusskanälen befreit, ist den Figuren ihre Rolle als Stellvertreter:in für die Projektionen und Versprechungen der Mode(n), welche die darauf platzierten Kleidungsstücke für zukünftige Träger:innen einlösen sollen, deutlich anzusehen. Geschlechterfragen überlagern sich dabei in einem Zustand der ambivalenten Unsicherheit. Völliger Zerfall und Verschmelzung halten sich die Waage. Das beigestellte Regal, das als Readymade aus einem Atelier eingebracht wurde, betont das menschliche Maß, an dem auch die klassischen Billy-Regale ausgerichtet sind, die seit langem in unterschiedlichen Konstellationen in Heimo Zobernigs Werk präsent sind. Der Künstler holt die überlebensgroßen bronzenen Heroen von ihren hohen Sockeln um ihnen auf Augenhöhe begegnen zu können.
Der zweite Raum ist mit hoch reichenden Farbpapieren ausgeschlagen. Den White Cube des Galerieraums transformiert Heimo Zobernig somit in eine Blackbox / Bluebox, klassische Institutionskritik inklusive. Nicht zuletzt als möglicher Rückgriff auf seine Inszenierung des Österreichischen Pavillons in Venedig 2015, wo er in den von Josef Hoffmann entworfenen Raum einen neuen, von ihm geplanten Ausstellungsraum einbaute. Die Blackbox ist auch Handlungsort für das Video Nr. 3 aus dem Jahr 1989 das den Künstler mit blonder Perücke beim tranceartigen Tanz zu gesampelten Gitarrenriffs zeigt und damit den künstlerischen Schöpfungsmythos dekonstruiert. Im Video Nr. 33 aus dem Jahr 2023 ist die Perücke deutlich weißer im Farbton und die ausholenden Gesten des Rock/Pop sind minimalen Bewegungen zu Techno-Beats gewichen – eine Referenz an das voranschreitende Alter und/oder die lässige Gewissheit langjähriger künstlerischer Praxis? Zwei seiner „Interferenzbilder“ dienen ihm als Projektionsflächen der Malerei schlechthin, denn die mit der Malrolle aufgetragenen Farben enthalten keine eigentlichen Pigmente, sondern dünne, farblose Kristallplättchen, die den Farbeindruck erst durch Lichtbrechung entstehen lassen. Die „Malerei“ passiert damit erst im Augenblick des Betrachtens, abhängig vom Lichteinfall und dem Blickwinkel der Rezipient:innen. Von der Decke hängen Textilskulpturen, die ihre Figürlichkeit erst auf den zweiten Blick preisgeben. Die verwendeten Stoffe in den Farben Rot, Neongrün und Blau kommen speziell beim Film zum Einsatz, um Objekte in einem einfärbigem Studioraum aufzunehmen und später in einem beliebigen Umfeld agieren zu lassen. Mit der Stoffwahl werden die schwebenden Figuren zu Projektionsobjekten für die Betrachter:innen, die sich wiederum selbst in der Blackbox / Bluebox befinden.
Heimo Zobernig eröffnet uns in der Ausstellung ein lustvolles Spiel mit Bedeutungsebenen und Betrachtungsweisen.
19.01 - 23.03.2024
Galerie Meyer Kainer
1010 Wien, Eschenbachgasse 9
Tel: +43 1 585 72 77, Fax: + 43 1 585727788
Email: contact@meyerkainer.com
http://www.meyerkainer.com
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-15h