Baden mit Florian
Zur skulpturalen Intervention "Ein Bad für Florian" am Domplatz St. Pölten von Christian Philipp Müller.
Im Jahr 2024 wird in der niederösterreichischen Landeshauptstadt erstmals das Festival Tangente stattfinden, mit dem St. Pölten seine Bedeutung als Kulturstandort, vor allem im Bereich der darstellenden Künste unter Beweis stellen will. (das artmagazine berichtete bereits https://www.artmagazine.cc/content124220.html ).
Als ersten Schritt hin zur Eröffnung im April, hat der Schweizer Künstler Christian Philipp Müller auf dem neu gestalteten Domplatz eine temporäre Intervention geschaffen, mit der die Geschichte des Platzes aufgegriffen und als gemeinschaftlicher Handlungsort weiter gedacht wird.
Im Zuge der 2017 beschlossenen Neugestaltung des Domplatzes wurde bei archäologischen Grabungen ein mindestens 5.300 m² großer Gebäudekomplex aus dem 3. Jahrhundert n.Chr. entdeckt, der als Verwaltungsgebäude bzw. Sitz des zivilen Statthalters der Provinz Noricum ripense identifiziert wurde. In dieser Zeit erlebte die römische Stadt Aelium Cetium offenbar eine Blütezeit und der Amtssitz war entsprechend seiner Bedeutung neben einer repräsentativen Empfangshalle auch mit einem Badehaus, mit einem zentralen Rundraum und beheiztem Wasserbecken ausgestattet. Just in diese Zeit fällt auch die Geschichte des Florian von Lorch, der als pensionierter Kanzleivorstand in der Stadt lebte. Florian war ein bekennender Christ, der aufgrund seiner Unterstützung einer Gruppe von Christen, die im heutigen Enns in Oberösterreich verhaftet worden waren, zum Märtyrer wurde. In den folgenden Jahrhunderten wurde Aelium Cetium von den Römern verlassen und erst mit der Gründung eines Klosters im 9. Jahrhundert wieder besiedelt. Nach der Errichtung einer ersten Kirche aus den Mauersteinen des Badehauses und ihres Ausbaus zur heutigen Domkirche diente der Platz bis zum Jahr 1779 als Stadtfriedhof, in jüngster Zeit als Parkplatz und wird zwei Mal wöchentlich als Marktplatz genutzt. Mit der nun abgeschlossenen Neugestaltung durch das Architekturbüro Jabornegg & Pálffy erhält St. Pölten nun ein neues Begegnungszentrum.
Mit seiner skulpturalen Intervention verwebt Christian Philipp Müller die Geschichte des Ortes mit den neu geschaffenen Nutzungsmöglichkeiten des Platzes. Sein kreisförmiges Monument bildet exakt die Dimensionen des Beckens nach, das im Zentrum des römischen Badehauses lag. Auf der umliegenden hölzernen Bühne bieten acht sich nach oben verjüngende monolithische Stelen Sitzgelegenheiten, die sowohl nach innen als auch zum offenen Platz hin genutzt werden können. Vier Obelisken weisen in die vier Himmelsrichtungen N, S, O, W und erinnern an die ursprünglich von den Römern in der Nord-Süd-Achse angelegte, rasterartige Stadtstruktur. Der nördliche, aus Glas gefertigte Obelisk enthält eine geschnitzte Holzstatue des heiligen Florian. Christian Philipp Müller schafft mit seinem Monument einen zentralen Begegnungsort am derzeit noch kahlen weil noch kaum möblierten Domplatz. Die Sitzmöglichkeiten bieten einen konsumfreien Ort der Kommunikation und Ausblicke auf den Platz selbst. Es ist ein mit minimalen Mitteln gestaltetes, auffälliges und dennoch nicht aufdringliches Element der sozialen Bühne der Stadt. Der heilige Florian verweist nicht nur auf die realen historischen Ereignisse, sondern als Schutzpatron gegen Feuer auch auf die soziale Bedeutung der freiwilligen Feuerwehren in ländlichen Gebieten. Die Gesamtstruktur ist eine Einladung an die Bevölkerung zur offenen Nutzung mit der Intention, das Floriani-Prinzip "verschon' mein Haus, zünd' and're an" durch Kommunikation und Kultur in gemeinschaftliches, soziales Handeln umzuwandeln.
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Die Skulptur wird noch bis Mai 2024 am Domplatz St. Pölten zu sehen/benutzen sein.