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Art Cologne: Umsatz ist nicht alles

Die Stimmung ist aufgeräumt, die Umsätze stetig, aber nicht überbordend auf der Art Cologne. Das sachkundige Publikum stammt wie gewohnt und anscheinend noch mehr als vor der Pandemie vorwiegend aus dem Rheinland und den umliegenden Regionen bis in die Schweiz. Die Kurator:innen der deutschen Museen trifft man hier sowieso. Die Fleischtöpfe der Berliner Kunstszene stehen eben immer noch am Rhein. 27 Galerien stammen aus der Hauptstadt, fünf mehr als aus Köln selbst. Die Dominanz der Preußen fällt noch mehr auf, da die Messe etwas geschrumpft wurde. Das gilt auch für Österreich, das heuer mit 18 Aussteller:innen das größte Auslandskontingent stellt. 170 statt der zuletzt 190 Teilnehmende verteilen sich jetzt auf zwei Hallen statt auf drei. Die Platzreduzierung hat der Veranstaltung sichtlich gutgetan. Statt teilweise gähnender Leere an den Rändern und in den Gängen herrscht in diesem Jahr reges Treiben, auch am zweiten Tag der um einen Tag verkürzten Messe. Auch wenn über die gesamte Laufzeit vielleicht nicht mehr Besucher kommen, entsteht doch der Eindruck größerer Geschäftigkeit, was sich wiederum positiv auf die Stimmung der Aussteller:innen und Kund:innen auswirkt.

Johann König ist aktuell ein selten gesehener Gast auf Kunstmessen. Wirtschaftlich gehe es ihm gut, weil die Rückerstattung von Produktionskosten in bedeutender Höhe seine Kasse gefüllt habe. Zudem liefen Schadenersatzklagen. Gleichwohl ist das vergangene Jahr nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Hier in Köln zeigt er überwiegend sein jüngeres Programm. Das Geschäft auf der Messe laufe etwas zäh, erzählt er, während er gleichzeitig einen Sammler verabschiedet, der gerade zwei Arbeiten gekauft hat. Auf die Arbeiten einer bestimmten Künstlerin angesprochen, meint er, die hingen schon nicht mehr, weil sie bereits neu gehängt hätten. Zäh ist also augenscheinlich ein relativer Begriff. Von stetigen Verkäufen berichten viele Galerien, hauptsächlich an Kund:innen aus der Region aber auch aus Süddeutschland und der Schweiz. Dabei waren die Sorgen im Vorfeld groß und der Bahnstreik am Eröffnungstag eher ein geringes Problem. Viel Malerei ist zu sehen, und manche Stände wirken geradezu vollgepackt. Es geht um Risikominimierung.

Kein gutes Zeichen ist jedoch der Untergang der ehemaligen Cologne Fine Art, die letztes Jahr als Art + Object in die Art Cologne integriert wurde. Der Überrest der altehrwürdigen Westdeutschen Kunst- und Antiquitätenmesse lebt aktuell lediglich in Pappschildchen von vier Messeständen und im Kopf des Direktors Daniel Hug weiter. Der möchte zukünftig benachbarte Sparten wie Design und Außereuropäische Kunst im Crossover mit zeitgenössischer Kunst und Klassischer Moderne zeigen und diese Art der Vermittlung behutsam ausbauen. Wienerroither & Kohlbacher sind gewissermaßen ein Erbe dieser alten Messe und gehören im sehr deutsch geprägten Untergeschoss fast zu den Exoten. Mit ihrem Programm sind sie hier gut aufgehoben, doch im höherpreisigen Segment der Klassischen Moderne fallen die Kaufentscheidungen nicht so schnell wie bei der günstigen jungen Kunst oben. Das Messegeschäft sei wie ein Puzzle, erklärt Lui Wienerroither. Irgendwann schieben sich die Einzelteile zusammen. Man müsse halt Geduld haben.

Möbel, Alte Meister, mittelalterliche Skulpturen, Silber, Porzellan - alles, was einstmals die Stärke des rheinischen und deutschen Kunsthandels ausmachte, gibt es allerdings nicht mehr. Und mit der fehlenden Sichtbarkeit dürfte auch das Interesse schwinden und damit das Wissen um Kunst- und Kulturgeschichte diesseits von Universitäten und Forschungseinrichtungen. Der Kunstmesse einen Bildungsauftrag ins Stammbuch schreiben zu wollen, wäre vielleicht etwas viel verlangt, doch muss das Unternehmen, das sich immerhin in öffentlichem Besitz befindet, durchaus fragen lassen, ob es nicht etwas leichtfertig und über viele Jahre sehenden Auges eine Veranstaltung hat vor die Wand fahren lassen, deren Wert sich nicht nur in Umsatzzahlen bemessen lässt.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Cologne
16 - 19.11.2023

Art Cologne
50679 Köln, Hallen 4 - 5, Messeplatz 1
Tel: +49-221 821 32 48
Email: artcologne@koelnmesse.de
http://www.artcologne.de
Öffnungszeiten: täglich 12 - 20 Uhr


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