Werbung
,

Self Super And Hart: And Kind For Eribodi: Bilder einer Ausstellung

Von den letzten Ausstellungen die ich gesehen habe, hat mir keine so wenig gefallen und mich so lange beschäftigt wie diese. Ich erinnere mich an hässliche Skulpturen, langweilige Bilder und gruselige Kostüme. Auch an einen Saal wie in einer Kirche, in dem Bilder nicht hingen, sondern gehangen worden waren. Ihr Hängen versprach einen Sinn und Ordnung in der Welt. Man durfte die Leinwand nicht anfassen damit der Sinn unentdeckt bliebe.

Ein anderer Raum. Einer, der sich nur in die Breite erstreckt, mit einer sozusagen flachen Hierarchie und ohne Schwerpunkt. Ganz verschieden von ersterem Raum ist die Dramaturgie hier, die sich nicht zuspitzt, nicht aufbaut, nicht in die Tiefe führt. Ein Raum mit zwei Zugängen, wenn man ihn betritt, muss man sich entscheiden, Rechts, oder Links? Dann gibt es auch noch Unten und Oben und überall liegen, stehen, hängen Dinge, manchmal alles drei auf einmal. Es ist das Bild eines Tatorts, aber es fehlt das Opfer. Alles voller Spuren. Am Ende des linken Teils hängt ein Schild an der Wand, auf dem steht: behind. Ich habe nicht geschaut, was am Ende des anderen Flügels steht, ich habe es ohne Nachzudenken - aber mit Bestimmtheit - auf den hölzernen Paravent bezogen, der vor dem Schild stand. Hinter dem Paravent waren: Gitarren. Genauso, wie die am gegenüberliegenden Ende der Ausstellung. Erst jetzt fällt mir ein, dass eine andere Arbeit von der Kunst handelte, Flamencogitarren zu bauen, einem Wissen - hier bedeuten Kunst und Wissen dasselbe, wie bei den Griechen -, das von Hand zu Hand und Generation zu Generation weitergegeben wird, ein Geheimnis auch, aber von einer anderen Art als jenes der Kirche. Und auch von anderer Art als das des Kunstwerks, von welchem ich durch Zufall erfuhr und durch dessen Enthüllung die Skulptur die Hässlichkeit verlor. Zu dem Preis stillzustehen und zu repräsentieren hatte die Erklärung der Arbeit das Kunstwerk ersetzt und es in Ordnung gebracht. Kunst als Platzhalter.

Platzhalter wie die Kostüme, die im Keller von den Gewölben hängen, kalte Lebkuchenmänner, die von fahlem Licht angestrahlt werden und nichts machen – es sind ja nur Kostüme, wiederhole ich mir selbst gegenüber –­ außer Angst. Sicherheit gibt, wieder oben, Bilder wie Reliquien, Atelier-Bilder, goldene Kälber, metaphorisch gesprochen, gegossen aus dem Mythos des Ateliers als dem Ort von Schöpfung. Dieses Mal wird die Sicherheit mit Aberglauben erkauft.

Junge Lämmer dagegen eine Reihe von Zeichnungen, die mir die Liebsten sind, noch wacklig auf den Beinen, aber im Spiel schon sich mit den Älteren messend. Der Kunstgeschichte entzieht man sich nicht, aber man kann etwas daraus machen. Zum Schluss steht der Schritt nach draußen, zurück unter die Straßenverkehrsordnung.

Selbst ein ehemaliger Krinzinger Projekte Resident von 2007, gibt Secundino Hernández mit der von ihm in der Galerie Krinzinger Schottenfeld kuratierten Ausstellung "SUPER SELF AND HART: AND KIND FOR ERIBODI" elf Freunden aus seinem (spanischen) Umfeld eine Bühne. Die lose Zusammenstellung öffnet sich der Vielfalt künstlerischer Herangehensweisen, ermöglicht gleichzeitig aber auch ein Querlesen Hernández' eigener Malereien, die gerade in der Galerie Krinzinger an der Seilerstätte zu sehen sind - auf diese Ausstellung "sure shot" bezieht sich der "Kirchensaal" zu Beginn des Textes. Unter dem Eindruck beider Ausstellungen drängte sich mir in den letzten Tagen das Motiv der generellen Unsicherheit auf, auf der jeder Versuch einer Exegese (von Kunst und Welt) fußt. Auch eröffnen sich in diesem Zusammenhang Anschlusspunkte bezüglich der Fragen von Autorschaft und Werkbegriffen.

Gestolpert bin ich in der Ausstellung wiederholt über Momente, die grundlegende Strukturen der Rezeption und Werkgenese angerufen haben und in Stoßrichtung eines "Tod des Autors" gingen - Subjektivität der Wahrnehmung, Auflockerung der Exklusivität von Entstehungsprozessen usw. -, die mir gleichwohl aber nur als Phrasen in Erinnerung geblieben sind, ohne aktualisierte Form.

Mehr Texte von Victor Cos Ortega

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Self Super And Hart: And Kind For Eribodi
11.11.2023 - 13.01.2024

Krinzinger Schottenfeld
1070 Wien, Schottenfeldgasse 45
Tel: +43 1 512 81 42
Email: schottenfeld@galerie-krinzinger.at
https://www.galerie-krinzinger.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa 11-14 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: