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Das Brezelorakel von Bad Gastein

Wie die Nadel im Heuhaufen muss man Kunst in Bad Gastein schon seit vielen Jahren nicht mehr suchen. Zum 13. Mal findet die Sommerfrische Kunst inklusive kleiner, feiner Kunstmesse im Kraftwerk (--> das artmagazine berichtete), Künstler:innen Residencies und Ausstellungen in mehreren Locations der Kaiser-Wilhelm-Promenade statt. Darüber hinaus wurden in der Region im Laufe der Jahre verschiedene Kunstwerke der teilnehmenden Künstler:innen in der wunderschönen umliegenden Berglandschaft platziert, die dieses Jahr erstmals mit einer „Kunstwanderkarte“ leichter zu finden sind.

Eine als „Nadel“ betitelte Skulptur der Designerin und Künstlerin Franziska Agrawal gibt es dieses Jahr auch, die durchaus in Form einer solchen erscheint, aber ohne großer Suche sofort ins Auge sticht. Platziert am Hang gegenüber dem Hotel Astoria bildet diese heuer den Abschluss des Ausstellungsparkours auf der Promenade und diente am Eröffnungsabend als Kulisse für die Performance von Musikerin und Sängerin Stefanie Boltz. Am anderen Ende der Promenade, im Ike Room, einem ehemaligen Geschäftslokal, hat sich dieses Jahr offenbar eine Mischung aus Tatoostudio und esoterisch angehauchter Lebensberatung angesiedelt. Schon letztes Jahr hatte dort die „Instant Solutions“ ein auf den ersten Blick durchaus real wirkendes „Ablebensinstitut“ der Künstlerin Xenia Lesniewski Quartier bezogen (--> das artmagazine berichtete), .
Jetzt verspricht das „Pegasus Product Power Peckerl Paradies“ Lebensberatung ganz im Sinne von Kartenleg- oder Handleseritualen. Dass das von der Berliner Künstlergruppe Pegasus Product inszenierte Seelen-Tatoo (in Österreich umgangssprachlich „Peckerl“ genannt) okkulte Orakeleien lustvoll auf die Schaufel nimmt, sollte einem angesichts der Laugenbrezel-Kopfbedeckung des Wahrsagers klar sein. Dennoch berichten die Künstler am Eröffnungswochenende erstaunt von echten Tränen und dem ernsthaften Willen einiger Gäste die launige Interpretation ihrer Wurfgebilde aus alten Silikonfugen-Resten auf Glasplatte zu glauben. Wie dieses schließlich mit einer Vorrichtung, die wie eine Mischung aus Röntgenapparat und Zahnarztstuhl wirkt, in die „Seele tätowiert“ wird, kann man letztmalig am Wochenende vom 11. bis 13. August erleben.
Daneben im Haus Mimi geht es dieses Jahr recht klassisch zu. Die 1989 in Erlangen (D) geborene Malerin Danni Pantel zeigt ihre aktuellsten abstrakten Malereien, die durchaus eine gewisse Nähe zu – in diesem Fall aber ernst gemeinten – seelischen Zuständen aufweisen. Pantels flächige Kompositionen bilden ein interessantes Spiel zwischen klar gesetzten Farbebenen und gestischen Elementen mit denen die Künstlerin reine Materialität mit einer aus dem malerischen Prozess kommenden Innensicht verschränkt.

Rund um den Begriff „Dorf“ kreist die Schau der gleichnamigen Künstlerformation im Radon Pavillon. Die Maler:innen Dennis Buck, Andi Fischer, Michael Günzer und Conny Maier kennen sich seit Jugendtagen und inszenieren neben eigenen Projekten regelmäßig Gemeinschaftsausstellungen an und in Orten, die ganz bewusst abseits des üblichen Kunstdiskurses liegen. Ihre Ausstellung Nummer sieben will diesen Diskurs „in die Bodenlage überführen“, quasi also in der Dorfgesellschaft verankern. Ob bewusst oder nicht referenzieren sie damit auf die Kernaufgabe der Sommerfrische Kunst, die nach all den Jahren zwar gut, aber doch noch nicht ganz in der Bevölkerung von Bad Gastein angekommen ist. Um diese weitere Annäherung zu befördern, stehen die Ateliers im ehemaligen Kraftwerk kommendes Wochenende allen zur Besichtigung und Diskussion offen.

Weitere Informationen gibt es unter sommerfrischekunst

Mehr Texte von Werner Remm

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