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Das Ding lebt!

Ein Rückblick auf das Independent Space Index Festival 2023.

 

Das Independent Space Index Festival 2023 ist zu Ende, einige Ausstellungen bleiben aber über das vergangene Wochenende hinaus geöffnet und können weiter besucht werden. Nicht alle der mehr als 80 im Independet Space Index gelisteten nicht-kommerziellen Kunsträume in Wien nahmen am Festival teil, das Programm war dennoch von extremer Dichte und Vielfalt. Auf den zahlreichen Openings, Workshops und Performances war von Newcomern bis zu etablierten Größen, von international Agierenden bis zu dem Lokalen Zugewandten, von peripheren Adressen bis Hotspots, Altbauwohnungen bis Straßenfesten eine enorme Bandbreite an künstlerischen Zugangsweisen und Interessensfeldern zu erleben.

 

Trotz der Fülle unterschiedlicher Veranstaltungen, lassen sich grob vier verschiedene Typen an Ausstellungen ausmachen, mit jeweils charakteristischem Vernissagenpublikum, Zugangsmöglichkeiten und Kunstverständnis.

  1. die art-worker-Ausstellung: internationale Beiträge von Akteuren der Kunstwelt zur Prekarität des Agierens in der Kunstwelt. Die Kunstwerke selbst fungieren meist (nur) als Brücken, die zur Reflektion vor allem der Anstellungs- und Machtverhältnisse dienen sollen. Ephemer wie ein Videostill und ein Stück Papier, auf den Boden gelegt. Vom Selbstverständnis her aufklärerisch-aufrührerisch. Dem Gefühl nach elitär und exkludierend, aber interessant. Es geht nicht um Kunst, sondern die Community. Dabei sein ist alles.

  2. das Grätzl-Projekt: Community wird hier als Nachbarschaft verstanden, mit deutlich ausgeprägtem Willen zu niederschwelliger Kunst. Vom Charakter her pragmatisch-freundlich, mitunter aber skurril. Hang zu Performances ohne Konzept, Happenings und Straßenfesten. Ephemer wie ein Topf Chili. Weniger utopisch-visionär als die Intellektuellen aus der internationalen art-world. Leben im Moment, wenn nicht sogar, in Erinnerungen.

  3. research-based-art: Zeichnet sich durch Wissenschaftlichkeit und globaler Ausrichtung aus, dabei über die Themen der Kunstwelt hinausgehend. Kann aber auch poetisch und mit großer Sensibilität für (weit entfernte) Orte, politische Prozesse, Lebensrealitäten daherkommen. Gerne mit doppelseitig bedruckter Textbeilage in Schriftgröße 9. Kann berühren, kann aber auch in Irrelevanz untergehen. Vom Charakter her: engagiert und je nachdem, froh oder wütend. Gut gemacht mit der Frische und Knackigkeit eines TED-Talks.

  4. die Klassische Präsentation: regelrecht konservativ geht es hier noch um Form, Farbe, Darstellung, Wirkung. Skulptur und Malerei mit Eigenwert. Beruhigend, dass es das noch gibt. Teilweise abrutschend zu dekorativen Lifestyle-Produkten. Kommt gut ohne Erklärung aus, und scheitert manchmal an konfusen Texten. Von bodenständig bis philosophisch.

Insgesamt ist merklich, wie sehr das abgeschlossene "Kunstwerk" abgelehnt wird. Es ist alles in Vorbereitung, in Aufarbeitung, in zwischenständiger Forschung. Das Ding lebt.

Ein erfreuliches Lebenszeichen der heimischen Szene!


--> 2023.independentspaceindex.at/

Mehr Texte von Victor Cos Ortega

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