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Crossing Lines. Politics of Images: Images of Politics

Fotografie und Bewegtbilder sind allgegenwärtig und noch nie zuvor gab es so viele Bildproduzent:innen wie heute. Smartphone-Besitzer:innen füttern die Sozialen Medien Tag für Tag mit Millionen von Bildwerken. Die „Demokratisierung“ der Fotografie begann mit den ersten kleinen und tragbaren Kameras wie z.B. der Leica. Die wahre Flut der Bilder begann aber erst mit der Entwicklung der ersten Digitalkameras und vor allem den ersten Mobiltelefonen mit eingebauter Kamera. Das erste Handy, das kleine Fotos auch versenden konnte wurde übrigens zu Beginn der 2000er Jahre vom Japanischen Hersteller Sharp entwickelt und unter dem Namen J-Phone(!) verkauft. Parallel zur allgemeinen Verfügbarkeit der Fotografie erlangte sie auch als künstlerisches Medium immer mehr Bedeutung und seit dem Jahr 2002 stellt auch in Wien der Europäische Monat der Fotografie, heute Foto Wien, die vielen Facetten der künstlerischen Fotografie in den Mittelpunkt.

Mit der allgemeinen Verbreitung digital erstellter Fotos und besonders den jüngsten Entwicklungen der von Algorithmen und KI-Programmen erstellten Bildwelten, den Fake News in den Social Media und dem aktuellen Krieg an den Grenzen der EU, verschob sich auch der Fokus des Fotomonats von der Verbreitung und Unterstützung der Produktionen von Künstler:innen hin zu einer Auseinandersetzung mit dem Erkennen und Entlarven der Lügen, die über Bilder und Videos verbreitet werden.

So widmet sich die Hauptausstellung der Foto Wien auch den verborgenen, ideologischen Strategien hinter der Bildproduktion und wie diese „Politics of Images“ gerade während des russischen Angriffskrieges in der Ukraine unsere tägliche Wahrnehmung bestimmen. Und es geht der in Kiew, inmitten des täglichen Raketenbeschusses lebenden Kuratorin Kateryna Radchenko vor allem darum, ihre persönliche Geschichte und diejenige von Ukrainischen Fotokünstler:innen zu erzählen, die so brutal aus ihrem Alltag gerissen und quasi über Nacht zu Kriegsfotograf:innen wurden. Vielen geht es dabei sowohl um die Dokumentation der Zerstörung und der Kriegsverbrechen, als auch um die Bewahrung dessen, was von Bomben vernichtet wurde. Da sind z.B. die mit dem World Press Foto Award 2023 ausgezeichneten Fotografien von Evgeniy Maloletka, der die ersten Kriegstage in Mariupol verbrachte. Für Kateryna Radchenko geht es aber auch um eine allgemeinere Ebene der Geschichte von Kriegen und so zeigt die Ausstellung auch Bilder der Ruinen von Kiew, die der deutsche Fotograf Herbert List im Jahr 1941 dokumentierte. Da liegt in einer Vitrine die Ausgabe der Ukrainischen Vogue vom Juli 2022, mit der Fotostrecke der Starfotografin Annie Leibovitz, die Olena Selenska und Wolodymyr Selenskyj in den mit Sandsäcken geschützten Büroräumlichkeiten zeigt, unweit vom Titelblatt der von der amerikanischen Militärregierung herausgegebenen Zeitschrift „Heute“ mit einem Foto des 1942 zerstörten Höhlenklosterslosters in Kiew. Quasi die Einführung in das Thema bildet ein Auszug aus „Divine Violence“ des südafrikanischen Künstlerduos Broomberg & Chanarin, eine mit Fotos und Zeitungsausschnitten kommentierte Ausgabe der Bibel, die damit Gewalt und Herrschaftsstrukturen thematisieren. Es geht auch darum, wie der Krieg das tägliche Leben der Menschen bestimmt, wie im Bild-Text-Tagebuch von Lisa Bukreyeva aber auch Momente der Hoffnung auf ein besseres Leben, wie in Elena Subachs Serie „Stühle“, auf denen sich Menschen auf ihrer Flucht kurz ausruhen konnten.

Die Geschichte der Fotografie ist genauso geprägt von Bildern der kriegerischen Auseinandersetzung wie die Geschichte der Menschen in und hinter diesen Bildern. Und wenn der Krieg „eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ (Carl von Clausewitz) darstellt, dann hofft jedenfalls Kuratorin Kateryna Radchenko darauf, dass die von ihr zusammengestellten Bilder dieser Politik dazu beitragen, zumindest diesen einen und aktuellen Krieg in ihrer Heimat Ukraine rasch zu beenden.

Mehr Texte von Werner Remm

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Crossing Lines. Politics of Images
02.06 - 20.08.2023

Foto Arsenal Wien
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521890
Email: office@fotoarsenalwien.at
https://www.fotoarsenalwien.at
Öffnungszeiten: Di-So 11-19 h


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