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Frenzi Rigling - über das: Aleatorik & Zwischenraum

Das mit dem Arbeiten mit Textilien ist gerade für Künstlerinnen so eine Sache: „Wenn man als Frau mit Stoffen und Textilien arbeitet, wird man sofort abwertend als Textilkünstlerin bezeichnet. Niemand bezeichnet Beuys wegen seiner Filzarbeiten als Textilkünstler.“ Als Tochter einer Schneiderin, ist Frenzi Rigling der Umgang mit Stoffen von Kindesbeinen an vertraut, auch arbeitet sie nicht nicht nur aber auch mit Textilien, schließlich geht es viel mehr um den Akt der Umsetzung. Die Zusammenfassung dessen, womit sie ihr Selbstverständnis als Künstlerin formuliert, bringt die Bedingungslosigkeit dieser Profession selten klar auf den Punkt: „Ich habe immer Interesse am Prozesshaften gehabt und das Endprodukt nie für so wichtig gehalten. Aber ist Kunst nicht einfach: über existenzielle Fragen nachdenken, Resultaten eine Form geben und sinnlich darzubieten? Ich habe mich noch nie gefragt, ob das verrückt ist.“

Nun widmet ihr die Landesgalerie Niederösterreich eine Werkschau, die gerne noch größer hätte ausfallen können. Als Textilkünstlerin würde man Frenzi Rigling danach keinesfalls mehr bezeichnen. Ebenso wäre sie eine Alltagskünstlerin, Schriftkünstlerin, Gartenkünstlerin, um den Nonsens von derlei Nomenklaturen nochmals zu verdeutlichen. Bei jeder der gezeigten Arbeiten geht es schlicht um deren optimale Umsetzung.

Da wären zum Beispiel, die bunten Module von Domular, die gleich Sitzkissen immer wieder neu auf einem Podest arrangiert werden können, ebenso die die Arbeit Board 1-7, bei der die Zusammenstellung der farbig überzogenen Schaumstoffkubaturen stets neue Konstellationen zulassen. Auch das „Zeitstück“, eine umfassende Kollektion von Bändern von der Mutter gefertigt aus unterschiedlichen Stoffen lässt eine variantenreiche Verwendung offen. Oder die Reihe mit Fotografien vom Gekröse farbiger Kunststoffbänder, die nach verschiedenen Salbeiarten benannt ist. Würde man das Durcheinander ausbreiten, könnte man den sorgsam ausgeschnittenen Schriftzug der lateinischen Bezeichnungen des Gewächses entziffern. Fotografiert wurde dieser, wie er einmal in die Luft geworfen, liegenbleibt. Neben dieser Reihe, deren Formale Erscheinung der schlichten Aleatorik folgt, interessiert sich die Künstlerin ebenso für die Zwischenräume, Auslassungen, Leerstellen, die sich im Fluss der Schreibschrift ergeben. Kühne Schwünge, sachte Kurven und das horizontale Lineament der Zeilen fügen sich zu rätselhaften Silhouetten. Sie werden ausgemalt, farbig unterlegt, aus Textilien geschnitten, als wären sie Teile des Schnittmusters eines aufwendigen Kleidungsstückes. Auch für diese Affinität zu Lücken, und Zwischenräumen hat Frenzi Rigling eine weise wie humorvolle Selbsterkenntnis parat, in der die in Niederösterreich und Wien lebende Künstlerin mit ihrer Schweizer Herkunft kokettiert: „Was zwischen den Aussagen liegt, hat mich schon immer interessiert – verstärkt, seit ich in Österreich lebe. Mit meiner Schweizer Langsamkeit bleibe ich oft in den Atempausen hängen. Und damit arbeite ich. Es braucht Räume, um Zwischenräume sichtbar zu machen, egal wie meine Befindlichkeiten sind.“

Große Inspiration für dieses so stringente Œuvre ist der Garten im Niederösterreichischen Obermarkersdorf. Er ist erweitertes Atelier, Experimentierfeld, Ort von botanischen Langzeitstudien und Ruhepol. Frenzi Ringling, so lernen wir ebenso aus dem sorgsam gestalteten Katalog zur Ausstellung, musste nicht entdeckt werden, sie war auch die letzten beiden Jahrzehnte und darüber hinaus mit zahlreichen Ausstellungsbeteiligungen Teil des Kunstbetriebes. Dass nun Arbeiten der letzten Jahre innerhalb einer größeren Solo-Präsentation zusammengefasst werden, kann man durchaus als Glücksfall bezeichnen.

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Katalog:
FRENZI RIGLING. Über Das
Herausgegeben von Gerda Ridler Erscheinungsjahr: 2023 Format: 24 x 19 cm, Hochformat Cover: Hardcover Seiten: 104 Seiten Textbeiträge: Monica Budowski, Laura Egger-Karlegger, Eva Marie Klimpel, Lenz Mosbacher, Gerda Ridler, Frenzi Rigling Verlag: art edition, Verlag der Bibliothek der Provinz Verkaufspreis: € 19,-

 

Mehr Texte von Daniela Gregori

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Frenzi Rigling - über das
13.05 - 12.11.2023

Landesgalerie Niederösterreich
3500 Krems, Museumsplatz
Tel: +43 2732 908010
Email: office@lgnoe.at
http://www.lgnoe.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 h


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