Werbung
,

Art Brussels: James Bond, Rock’n Roll und Art Brussels

Lia Rumma (Neapel) und Almine Rech (Paris, Brüssel, London etc.) begrüßen die Besucher als erste Stände auf der Art Brussels und nicht etwa Hauser & Wirth und Gagosian. Diese erste Impression charakterisiert treffend die Ausrichtung der Messe: zeitgenössisch, regional/europäisch und mittelständisch. Es ist genau dieses Segment, das Sammler zeitgenössischer Kunst sehen wollen, gleichzeitig aber auch das am meisten umkämpfte in einem stagnierenden Markt.

Keine leichte Aufgabe also für Nele Verhaeren, die neue Direktorin. Neu ist allerdings nur die Rolle. Seit 2006 arbeitet sie für die Messe, unter drei Direktorinnen bisher. Einige Aufs und Abs hat sie in dieser Zeit erlebt und zwei Umzüge. Nach fünf Ausgaben im Turn und Taxis-Areal findet die Art Brussels jetzt erstmals wieder auf dem Expo-Gelände statt, mit dem Atomium in Sichtweite sowie einer James Bond- und einer Johnny Halliday-Ausstellung in den Nachbarhallen.

Das eindrucksvollste Gebäude, die historische Halle 5 (und 6) hat sich die Art Brussels sichern können - auf Jahre hinaus, wie Verhaeren betont. Seinerzeit wollten die Veranstalter näher ans Stadtzentrum, da ihnen die New Yorker Independent mit einer Brüsseler Ausgabe in einem ehemaligen Kaufhaus das Wasser abzugraben drohte. In der Retrospektive soll der Auslöser für den Umzug jedoch laut Art Brussels die bescheidene Qualität des Expo-Caterings gewesen sein. Die Rückkehr wird damit begründet, dass zwei der Hallen des ehemaligen Postbahnhofs neuerdings nicht mehr zur Verfügung stünden.

Jetzt ist jedenfalls wieder alles beim Alten, zumal die Konkurrenz längst die Segel gestrichen hat. Mit dem damaligen Umzug ging eine Reduzierung der Ausstellerzahl einher, die von den verbliebenen Galerien sehr begrüßt wurde. Dass diese Größe jetzt beibehalten wurde, dient der Qualität.

Die Zahl der Galerien ist mit 152 sogar etwas kleiner als zuletzt, aber es gibt mehr Platz, sowohl in den Gängen als auch für größere Stände. "Wir wollen nicht größer werden, wir können vielleicht maximal 165 Aussteller unterbringen", so Verhaeren. Das scheint hier eine handhabbare Größe zu sein. Der Zuwachs sei für die Wiederbelebung des Formats "Invited" geplant, das alle zwei Jahre stattfinden soll, im Wechsel mit kuratierten Projekten. "Wir definieren uns als Schaufenster für Avantgarde", so die Direktorin.

Über das "back to business" mit dem Gitterraster der klassischen Messearchitektur freut sich Alex Reding aus Luxemburg. Das Tour & Taxis habe sich in den vergangenen Jahren eher als Flaniermeile erwiesen. Schon in den ersten Stunden der Messe hat er gerade von allen seinen jungen Künstlern Arbeiten verkauft, beginnend bei den Miniaturen von Gladys Bonnet (ab 500 Euro) bis zu den Skulpturen Max Coulons (um 6.000 Euro). Als Sprungbrett nach Europa nutzt Brüssel der gebürtige Kölner Can Yavuz aus Singapur, der für den Sommer die Eröffnung einer Galerie in München plant. Sein subtil politisches Programm (8.500 bis 28.000 Euro) dreht sich um die Themenfelder Identität, Flucht und Heimat. Er macht sich - wahrscheinlich nicht ganz unberechtigte - Hoffnungen, bei den als versiert geltenden belgischen Sammlern auf ein interessiertes Publikum zu treffen.

Neu ist die Abteilung "Revisited" für ältere Positionen. Nachdem die Turiner Artissima und die Art Cologne die Wiederentdeckung mehr oder weniger vergessener Positionen als Attraktion entdeckt haben und die Art Basel vor einiger Zeit auf den Zug aufgesprungen ist, gelingt den Belgiern damit jetzt nicht gerade die Neuerfindung des Rades. Immerhin lassen sich hier tatsächlich Entdeckungen machen, wie etwa die 90-jährige Lucia di Luciano, die seit Anfang der 60er Jahre Vertreterin der Arte Programmata und Mitglied der Gruppo 63 war. Ihre streng geometrischen Arbeiten kosten bei 10 A.M. Art aus Mailand selbst aus den frühen Jahren höchstens 22.000 Euro. Thomas Rehbein aus Köln kann für den ebenfalls 1933 geborenen William Anastasi bereits ganz andere Preise aufrufen. Unentdeckt ist der US-amerikanische Künstler allerdings wohl nur in Deutschland. Andernorts dürften die 270.000 Euro für eine Installation aus Viedoband durchaus auf Verständnis treffen. An beiden Ständen beginnen die Einstiegspreise jedoch schon um 5.000 Euro.

Die jüngeren Positionen finden sich bei "Discovery", wo ausgewählte Galerien bis zu zwei Künstlerinnen bzw. Künstler präsentieren können. Marietta Clages aus Köln freut sich, hier zu einem vergünstigten Preis Gemälde von Juan Pérez Agirregoikoa (2.500 bis 18.000 Euro) und Shila Khatami (9.-16.000) zeigen zu können. Wahrscheinlich das einzige NFT der Messe ist von Jonas Lund und bei Office Impart aus Berlin zu haben. Formal klassischer sind seine Gruppenportraits von Hunden und Katzen als Tapisserien (14.000 Euro).

Die Präsenz von Galerien aus der DACH-Region ist wie in der jüngsten Vergangenheit gering - 14 Teilnehmer aus Deutschland sind dabei, drei aus der Schweiz und nur zwei aus Österreich (Kandlhofer und Mauroner). Dabei hätte man mit der Entzerrung der Daten von Brüssel und Köln etwas anderes erwarten können. Ein bisschen Platz ist jedenfalls noch in den Hallen.

Mehr Texte von Stefan Kobel

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Art Brussels


Brussels Expo
1020 Brüssel, Place de Belgique, 1, Halls 5 & 6
Tel: 0032-2-402-36-66
http://www.artbrussels.com
Öffnungszeiten: 11-19 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: